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Mehr Informationen zur Patenschaft!Wie gelingt der Offshore-Ausbau naturverträglich?
NABU-Studie zeigt mögliche Flächen, Konflikte und Lösungen
Wo Windparks gebaut werden dürfen, steuert die Meeresraumordnung (MRO). Anders als von der EU-MRO-Richtlinie vorgesehen, orientiert sie sich in Deutschland bisher aber kaum an der Belastbarkeit der Meeresökosysteme. Vielmehr bildet sie bestehende Nutzungen ab und quetscht Windparks in die verbleibenden Flächen. Damit spielt sie Klima- gegen Meeresschutz aus, obwohl gesunde Meere als Kohlenstoffspeicher unsere wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise sind.
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NABU-Studie priorisiert Offshore-Flächen anhand von Naturschutzkriterien
Der Schlüssel, um Klima- und Meeresschutz in Einklang zu bringen, liegt in
- einer klugen, naturverträglichen Standortwahl
- sorgfältigen Umweltprüfungen, um die Auswirkungen des Ausbaus zuverlässig abzuschätzen
- wirksamen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen, um negative Effekte größtmöglich zu reduzieren.
An diesen Stellen setzt eine Studie im Auftrag des NABU an, die im Juli 2023 veröffentlicht wurde. Eine Zusammenfassung wurde bereits im Rahmen eines Fachgesprächs im März 2023 zur Verfügung gestellt. Ziel ist, aus Naturschutzsicht weniger kritische Flächen für die Offshore-Windenergie in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee zu identifizieren sowie konkrete Konflikte und Lösungsansätze aufzuzeigen. Die Fläche der deutschen AWZ in Nord- und Ostsee wurde dafür in ein Ampelschema eingeordnet:
- Grün = Fläche eher naturverträglich, es können trotzdem mehrere hoch sensitive Arten betroffen sein, aber keine besonders sensitive Art (in der Studie werden besonders sensitive Arten höher gewichtet als hoch sensitive Arten).
- Gelb = Fläche bedingt naturverträglich, es sind auch besonders sensitive Arten betroffen, aber die Auswirkungen sind begrenzt und überwiegend mit gezielten Maßnahmen minderbar.
- Rot = Fläche nicht naturverträglich, es sind auch besonders sensitive Arten betroffen, es gibt zu viele Auswirkungen, die nicht minderbar sind.
Zur Methodik
Für die Studie haben die Planungsbüros BioConsult Schuchardt & Scholle und Biota umfangreiche Datensätze zu Verbreitungsschwerpunkten von 14 Seevogelarten, dem Schweinswal und Vorkommen von fünf Biotoptypen analysiert. Die Naturverträglichkeit von Offshore-Flächen wurde anschließend abgeschätzt anhand der Empfindlichkeit einzelner Arten oder Biotope gegenüber Windparks in Kombination mit zusätzlichen besonderen Gebietsfunktionen, etwa für Fortpflanzungsgebiete.
Die Studie unterscheidet in Bau- und Betriebsphase, da sich beide unterschiedlich auswirken und entsprechend anderer Minderungsmaßnahmen bedürfen. Aus diesem Schritt ergeben sich zunächst „grüne“ und „nicht-grüne“ Flächen. Die nicht-grünen Flächen werden abhängig davon, wie viele Auswirkungen minderbar sind, in „gelbe“ und „rote“ Flächen unterschieden. Ergänzend werden Schutzgebiete mit einem Pufferradius als ungeeignet für Windparks ausgeschlossen.
Welche Arten und Biotoptypen wurden berücksichtigt?
Seevögel:
- Stern- und Prachttaucher
- Trottellumme
- Gryllteiste
- Basstölpel
- Eissturmvogel
- Eis-, Trauer- und Samtente
- Zwerg- und Dreizehenmöwe
- Herings-, Mantel- und Silbermöwe
Meeressäuger:
Biotoptypen:
- Sandbänke und Riffe
- Kies-Grobsand-Schillgründe
- Schlickgründe
- Schlicksedimente mit Islandmuscheln
Was folgt aus der Studie?
Die Ergebnisse zeigen, dass beim Offshore-Ausbau Klima- und Meeresschutz besser miteinander verzahnt werden müssen, indem kritische Flächen vom Ausbau ausgenommen werden. Dafür ist insbesondere das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zuständig. Es erarbeitet die Meeresraumordnung und plant mit dem Flächenentwicklungsplan, wann welche Fläche bebaut wird.
Insbesondere die Flächen um das Naturschutzgebiet Sylter Außenriff-Östliche Deutsche Bucht sollten laut der Studie von Windenergie freigehalten werden. Hier hatte der NABU bereits vom Flächenentwicklungsplan gefordert, Pufferzonen zum Schutzgebiet einzurichten. Die Studie zeigt jetzt jedoch, dass es mit Pufferzonen nicht getan ist, sondern dass die angrenzenden Windparkgebiete grundsätzlich sehr kritisch sind. Geeigneter erscheinen Gebiete in einem breiten Streifen vom Elbe-Urstromtal bis in die Schifffahrtsroute SN10. Dort liegen zusätzliche Potenziale als Ersatz für die Flächen am Sylter Außenriff.
Grundsätzlich stößt die Studie an, die Flächenverteilung auf unseren Meeren flexibler zu denken und nicht allein im heute abgesteckten Rahmen. Das wäre eine Aufgabe für eine Fortschreibung der Meeresraumordnung und bedeutet, dass
- andere Nutzergruppen (wie zum Beispiel der Schiffsverkehr) Platz schaffen für weitere Windflächen
- verschiedene Nutzergruppen Flächen gemeinsam nutzen oder
- Flächen gezielt zwischen Nutzergruppen getauscht werden, um die ökologischen Auswirkungen zu reduzieren
Dennoch erscheint es unwahrscheinlich, dass sich alle Nutzungen und die gesetzlich angestrebten 70 GW Offshore Wind naturverträglich im Meer installieren lassen. Um das zu erreichen, braucht es deshalb eine deutlich höhere Flächeneffizienz. Die gewonnene Energiemenge pro Fläche muss steigen, um genügend Raum für geschützte Arten und Lebensräume zu sichern. Hier ist die Politik gefragt, die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu setzen; die Industrie muss mit technischen Innovationen die Flächeneffizienz steigern.
Um die Anwendung der Studienergebnisse in der Praxis zu unterstützen, finden sich Flächensteckbriefe für alle derzeit nach mariner Raumordnung festgelegten Gebiete im Anhang der Studie. Sie führen relevante Eckdaten auf, gehen auf betroffene Schutzgüter ein, benennen maßgebliche Wirkfaktoren und potenzielle Vermeidungs- oder Minderungsmaßnahmen und bieten weitere Informationen zu umliegenden Schutzgebieten und deren Schutzzwecken.
Das fordert der NABU
- Rote Flächen vom Ausbau auszunehmen, in denen der Windenergie-Ausbau den Naturschutz gefährdet.
- In der Fortschreibung der Meeresraumordnung und des Flächenentwicklungsplans Offshore die Flächenauswahl gezielt ökologische Kriterien zugrundezulegen, wie es die NABU-Studie vormacht.
- Die Offshore-Branche sollte gezielt technische Innovationen angehen, um mehr Strom aus der Fläche zu holen und damit den Flächenbedarf für die Energieerzeugung zu reduzieren.
- Grüne Flächen sind kein Freifahrtschein, auch hier sind Arten betroffen und Eingriffe müssen sorgfältig geprüft und ausgeglichen werden.
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