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Mehr Informationen zur Patenschaft!Flächenentwicklungsplan rechtfertigt Artenverluste
Ausbau von Offshore-Windenergie gefährdet unsere Meere
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Bau des Offshore-Windparks Baltic 1 - Foto: NABU/Andreas Fußer
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) legt mit dem Flächenentwicklungsplan (FEP) den Ausbau von Windenergie auf See fest. Mit dem aktuellen Plan soll bis 2034 die Leistung von Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee auf 42,6 Gigawatt fast verfünffacht werden. Zugleich bleiben schon heute bekannte Naturschutzkonflikte ungelöst: Immer mehr Lebensräume geschützter Arten werden verloren gehen.
Für das Ausbauziel von 70 Gigawatt Leistung (bis 2045) sind unsere Meere schlicht zu klein. Über ein Viertel der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee soll dafür zu Windparks werden. Das ist sogar schlecht für die Windenergie selbst, denn durch die dichte Bebauung entstehen Abschattungseffekte: Die Windparks nehmen sich gegenseitig den Wind weg, das macht den Ausbau immer ineffizienter und teurer, weil pro Windrad immer weniger Strom produziert wird.
Schäden der Meeresnatur laufen aus dem Ruder
Der massive Ausbau schadet auch vielen empfindlichen Arten. Schweinswale werden durch den Lärm vertrieben, viele Seevogelarten meiden Offshore-Windparks noch in vielen Kilometern Entfernung. So drohen 80 Prozent der Trottellummen, rund die Hälfte der Eissturmvögel und etwa je ein Viertel der Basstölpel, Heringsmöwen und Tordalke, ihren Lebensraum zu verlieren. Und das sind nur einige Beispiele.
Das BfN-geförderte NaMaRo-Projekt untersucht weitere Auswirkungen, doch schon jetzt ist klar: Dieser massive Ausbau ist nicht naturverträglich. Die von NaMaRo bereits 2024 identifizierten hochsensiblen Lebensräume von Seevögeln sollten von Offshore-Windparks freigehalten werden. Anders können die Lebensraumverluste nicht verhindert werden, doch der FEP plant weiter in diese Gebiete hinein.
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Rechtliche Konflikte vorprogrammiert: Beispiel Trottellumme
Besonders bitter: Zwar erkennt das BSH in der Umweltprüfung des FEP, dass der Ausbau bestimmter Gebiete zu Konflikten mit dem Artenschutz führt, bagatellisiert den Schaden für die Trottellumme aber mit Verweis auf die gesamte Population des Ostatlantiks und rechtfertigt die Planung mit dem politisch definierten überragenden Interesse für Offshore-Wind.
Das BSH will die Eingriffe über Ausnahmen vom Artenschutzrecht legitimieren. Damit spielt der FEP Klimaschutz und Naturschutz gegeneinander aus. Das ist rechtlich riskant. Denn der Europäische Gerichtshof betonte in einem Urteil zum Wolf, dass der nationale Erhaltungszustand maßgeblich sei. Deutschland darf sich auch beim Schutz der Seevogelpopulationen nicht aus der Verantwortung stehlen.
Mangelhafte Minderungsmaßnahmen
Eine zweite wichtige Neuerung des FEP ist die Darstellung der Beschleunigungsflächen nach Europäischer Erneuerbarer-Energien-Richtlinie (RED III). Zwar entfalten diese vorerst noch keine Wirkung, aber der FEP legt vorsorglich die dafür notwendigen sogenannten Minderungsmaßnahmen fest und enttäuscht auch damit. Die „Maßnahmen“
- entsprechen nur der heutigen Rechtslage und verweisen darauf, dass „umwelt- und naturschutzrechtliche Rahmenbedingungen“ beachtet werden müssen
- führen zu keiner Minderung, wenn etwa Überwachung ohne Schutzmaßnahmen angeordnet wird;
- oder sind zu schwammig formuliert, wenn ein „möglichst geräuscharmer“ Errichtungsprozess der Windparks festgelegt wird.
Damit bestätigen sich die Befürchtungen des NABU, dass auf derart allgemeiner Planungsebene keine konkreten, standortbezogenen Maßnahmen identifizierbar sind und auch die Umweltauswirkungen entsprechend nur sehr pauschal erkennbar werden.
Was sind Minderungsmaßnahmen?
Bei Bauvorhaben kommt es immer wieder zu Eingriffen in die Natur. Das Naturschutzrecht fordert, diese so weit wie möglich zu vermeiden und zu verringern. Dafür werden sogenannte Minderungsmaßnahmen festgelegt. Beispiele sind:
- der Bau findet außerhalb besonders sensibler Jahreszeiten (Seevogelrast, Mauser, Überwinterung oder Fortpflanzungszeit beim Schweinswal) statt
- schonendere Technik wird eingesetzt (z. B. Rammung der Fundamente von Offshore-Windparks mit schallarmen Verfahren)
- es werden Schallschutzmaßnahmen (z. B. Blasenschleier) eingesetzt, damit Verletzungen von Schweinswalen durch den Schall möglichst vermieden werden.
Lichtblick: Vogel- und Fledermauszug schützen
Ein Lichtblick im FEP sind die konkreteren Anforderungen an ein Kollisionsmonitoring für alle Windparkstandorte. Wenn diese ambitioniert umgesetzt und Kollisionen artspezifisch in Echtzeit erfasst werden, würde das passgenaue Abschaltungen ermöglichen und ein großes Konfliktfeld zwischen Naturschutz und Offshore-Wind besser ausleuchten.
Die dafür notwendigen technischen Innovationen müssen angesichts des rasanten Ausbaus zügig vorangetrieben werden. Aber Wissen allein reicht nicht: Leider verpasst es der FEP, aus dem Monitoring konkrete Schutzmaßnahmen abzuleiten. Hier müssen spätestens die Genehmigungen der einzelnen Parks nachsteuern.
Weitere Rechtsunsicherheit: Wie viel Abschaltung ist zumutbar?
Aktuell ist noch unklar, welche Zumutbarkeitsschwellen für Abschaltungen auf See gelten. Das ist eine problematische Rechtsunsicherheit, sowohl für die Windparkbetreiber als auch für Genehmigungsbehörden und Umweltverbände. Der NABU fordert, die Zumutbarkeitsschwellen für Offshore-Wind in Anlehnung an die Festlegungen für Windparks an Land zu definieren. Die Schwellenwerte (nach Bundesnaturschutzgesetz §45b) für angeordnete Schutzmaßnahmen definieren eine Verringerung des Jahresertrags um sechs Prozent im Regelfall, bzw. um acht Prozent an windreichen Standorten an Land als zumutbar. Davon abgeleitet fordert der NABU wegen des deutlich größeren Windaufkommens auf See einen Schwellenwert von zehn Prozent.
Balance zwischen Schutz und Nutzung
Der NABU kritisiert den Plan, macht aber auch Vorschläge, wie die Umweltauswirkungen verringert werden können. Vor allem muss gelten: weniger und auf sorgfältig ausgewählten Flächen ausbauen! Der FEP zeigt: Es gibt keine Maßnahmen, um Lebensraumverluste geschützter Seevögel zu mindern. Die einzig wirksame Maßnahme ist deshalb, die Flächen nicht zu entwickeln.
Dafür muss die Meeresraumordnung (MRO) dringend fortgeschrieben werden. Viele der jetzt festgelegten Gebiete und Flächen wurden in der aktuellen MRO nicht für Offshore-Wind vorgesehen. Damit unterläuft der FEP den Auftrag der MRO, eine Balance zwischen Schutz und Nutzung der Nordsee zu finden.
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Daher fordert der NABU...
…vom BSH:
- Einen ehrlichen FEP: Wenn die Ausbauziele offensichtlich an die Grenzen des Naturschutzes stoßen, braucht es ein klares Signal an die Politik. Denn auch Naturschutz ist gesamtstaatliche Aufgabe und Verpflichtung.
- Einen naturverträglichen Ausbau: Die Offshore-Windenergie ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, aber diese muss geschützte Arten und Lebensräume respektieren.
- Schutz des Vogel- und Fledermauszugs, wie es die Meeresraumordnung vorsieht. Dafür braucht es Abschaltvorgaben nach dem Vorsorgeprinzip, bis eine verlässliche Datenlage besteht. Ambitioniertere Monitoringauflagen müssen verpflichtend und Schwellenwerte für Abschaltungen definiert werden. Ein pauschales Ein-Prozent-Kriterium wird dem nicht gerecht.
...von der künftigen Bundesregierung:
- Eine Perspektive für gesunde Meere: Dafür muss die Gesamtbelastung der Meere effektiv verringert werden. Parallel zum Ausbau der Offshore-Windenergie müssen Nutzungsauswirkungen reduziert und betroffene Arten und Lebensräume gezielt gefördert und wiederhergestellt werden.
- Eine neue marine Raumordnung: Sie muss Naturschutz mit Energiegewinnung sowie allen anderen Nutzungen in eine Balance bringen.
- Die Ausbauziele grundsätzlich auf den Prüfstand: 70 GW sind nach aktuellen Forschungsergebnissen nicht naturverträglich umsetzbar.
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Letzte Aktualisierung: 02/2025
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