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Mehr Informationen zur Patenschaft!Ausbau von Offshore-Windenergie bis 2030
Flächenentwicklungsplan: Licht und Schatten für Nord- und Ostsee
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) legt mit einem Flächenentwicklungsplan den Ausbau von Windenergie auf See fest. Mit dem aktuellen Plan soll bis 2030 die Leistung von Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee auf 36,5 Gigawatt vervierfacht werden. Das wäre angesichts der heute bekannten – und ungelösten – Naturschutzkonflikte aus Sicht des NABU zu viel und zu schnell.
Es gibt allerdings auch positive Aspekte: Die zonenweise Fortschreibung beispielsweise ist hilfreich, um flexibel auf potenzielle Entwicklungen wie verbesserte Flächeneffizienz oder neue ökologischer Erkenntnisse zu reagieren.
Neuer Plan bis 2037: Zu viel an falscher Stelle
Aktuell schreibt das BSH den FEP fort, um das derzeit im Bundestag beratene Windenergie-auf-See-Gesetz umzusetzen. Der NABU sieht den Gesetzentwurf höchst kritisch, weil er gegen Europarecht verstößt und Umweltprüfungen beim Ausbau der Offshore-Windenergie weitgehend abschafft.
Der vorliegende FEP-Entwurf (Stand: September 2024) offenbart nun die Konsequenzen aus diesem riskanten Gesetz: Über ein Viertel der Nordsee soll Windpark-Gebiet werden, vielfach liegen die Flächen in ökologisch hochsensiblen Bereichen. 77 Prozent der Trottellummen, rund die Hälfte der Eissturmvögel und etwa ein Viertel der Basstölpel und Tordalke drohen, ihren Lebensraum zu verlieren. Und das sind nur einige Beispiele. Das BfN-geförderte NaMaRo-Projekt untersucht weitere Auswirkungen. Schon jetzt ist absehbar: Dieser massive Ausbau ist nicht naturverträglich.
Der NABU kritisiert den Planentwurf, macht aber auch Vorschläge, wie die Umweltauswirkungen verringert werden können. Vor allem muss gelten: weniger und auf sorgfältig ausgewählten Flächen ausbauen! Der Spielraum ist vorhanden, denn nach aktuellem Entwurf werden die Ausbauziele bis 2025 sogar um 25 Prozent übererfüllt. Diesen Spielraum muss das Bauministerium nutzen und eine Fortschreibung der Meeresraumordnung anstoßen. Diese muss die Frage beantworten: Wie viel Offshore Wind vertragen unsere Meere?
NABU fordert Pufferzonen zum Schutz von Seevögeln
Im Laufe des FEP-Ausarbeitungsprozesses hatte der NABU wiederholt unter anderem Pufferzonen um Offshore-Windflächen gefordert, die unmittelbar an Naturschutzgebiete grenzen. Das kann Störungen empfindlicher Arten wie Seetaucher, Trottellummen und Basstölpel bis weit in die Schutzgebiete hinein wirksam abfedern. Dieser notwendige Standard wurde im FEP 2020 festgelegt, aber nun unter dem politischen Druck des Windenergie-auf-See-Gesetzes – entgegen dem Rat des Bundesamtes für Naturschutz – abgeschafft.
Ein kleiner Lichtblick ist dagegen, dass die naturschutzfachlich besonders kritische Fläche N13.3 (nahe dem Naturschutzgebiet „Sylter Außenriff – Östliche Deutsche Bucht“) in den Ausschreibungen gestrichen wurde, ihre Bebauung wird jedoch nach wie vor diskutiert. Auf der Fläche kommen besonders empfindliche Seetaucher und Trottellummen vor. Der NABU fordert, die Verbreitungsschwerpunkte dieser Arten auf der Fläche N13.3 dauerhaft freizustellen. Stattdessen sollten alternative Flächen in der nahe gelegenen Schifffahrtsroute genutzt werden, die laut FEP anteilig für weitere Windkraftflächen freigegeben werden könnte. Für die aus denselben Gründen kritische Fläche N11.2 fehlen Schutzmaßnahmen gänzlich. Hier muss das BSH über seine Genehmigungen eine 5,5 Kilometer-Pufferzone anordnen und sich saisonale Abschaltzeiten vorbehalten.
Notwendige Schutzmaßnahmen für Vögel werden ausgehöhlt
Um Zugvögel zu schützen, sollen laut FEP nur Schutzmaßnahmen festgelegt werden, wenn ein erhöhtes Tötungsrisiko nachgewiesen ist. Damit wird zwar ihr Schutzbedarf anerkannt, läuft aber ins Leere, denn dieser Nachweis ist kaum erbringbar. Stattdessen fordert der NABU, für anerkannte Vogelzugrouten nach Meeresraumordnung entsprechend dem Vorsorgeprinzip präventive Schutzmaßnahmen wie temporäre Abschaltungen zu erlassen. Da derzeit noch kein verlässliches Kollisionsmonitoring technisch umsetzbar ist, sind temporäre Abschaltungen derzeit alternativlos, um Vogelschlag zu minimieren. Das muss nun die Genehmigung einzelner Projekte umsetzen.
Ein richtiger erster Schritt ist das geplante umfassendere Vogelkollisions-Monitoring. Es könnte Gefahren von Offshore-Windparks für den Vogelzug besser quantifizieren, um entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen. Was bisher fehlt, sind allerdings Regelungen, welche Maßnahmen sich aus dem Monitoring ableiten würden. Zudem muss bereits in den Genehmigungen ein Vorbehalt festgeschrieben werden, damit Maßnahmen aufgrund nachträglicher Erkenntnisse überhaupt angeordnet werden können. Denkbare Maßnahmen wären beispielsweise zeitweise Abschaltungen, etwa während Rast oder dem Vogelzug.
Aktuell ist noch unklar, welche Zumutbarkeitsschwellen dafür gelten. Das ist eine problematische Rechtsunsicherheit, sowohl für die Windparkbetreiber als auch für Genehmigungsbehörden und Umweltverbände. Der NABU fordert, die Zumutbarkeitsschwellen für Offshore-Wind in Anlehnung an die Festlegungen für Windparks an Land zu definieren. Die Schwellenwerte (nach Bundesnaturschutzgesetz §45b) für angeordnete Schutzmaßnahmen definieren eine Verringerung des Jahresertrags um sechs Prozent im Regelfall, bzw. um acht Prozent an windreichen Standorten als zumutbar. Davon abgeleitet fordert der NABU wegen des deutlich größeren Windaufkommens auf See einen Schwellenwert von zehn Prozent.
EU-Notverordnung schwächt Naturschutzrecht
Die einzelnen naturschutzfachlich positiven Regelungen im FEP können nicht ausgleichen, dass mit der von der Bundesregierung geplanten Umsetzung der EU-Notverordnung in nationales Recht (ROGÄndG) die Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtlichen Prüfungen vorübergehend außer Kraft gesetzt werden. Das ermöglicht im Rahmen des FEP bis Mitte 2024 Windparks mit einer Kapazität von 8,8 Gigawatt ohne diese Prüfungen zu genehmigen. So bleiben Umweltauswirkungen unerkannt und notwendige Maßnahmen, um gegenzusteuern unterbleiben, weil dafür notwendige ökologische Daten gar nicht erst erfasst werden. Auf EU-Ebene wird derzeit sogar die langfristige Beschneidung der Umweltverträglichkeitsprüfung diskutiert (Renewable Energy Directive IV).
Der zeitlich eng getaktete Ausbau der Windenergie hängt vor allem auch vom Bau der Kabelanbindungen, von der Verfügbarkeit von Schallschutztechnik, Errichterschiffen und Windenergieanlagen ab. All das braucht lange Vorlaufzeiten. Es ist zu befürchten, dass durch die Notverordnung kein Windpark auf See früher ans Netz geht – dafür aber ohne bewährte, die Planung optimierende Umweltprüfungen.
Der FEP zeigt: Die gesetzlichen Ausbauziele von 40 GW Offshore-Wind bis 2035 sind auch mit den üblichen Umweltprüfungen erreichbar. Der Abbau von Umweltstandards ist überflüssig und ein fatales Zeichen. Anstatt Klima- und Artenschutz Hand in Hand laufen zu lassen, werden die beiden ökologischen Krisen gegeneinander ausgespielt und gesunde Meeresökosysteme als wichtige CO₂-Senken aufs Spiel gesetzt.
Daher fordert der NABU:
- Pufferflächen zu Schutzgebieten, um sensible Arten in ihren Verbreitungsschwerpunkten zu schützen. Wo dies im Rahmen des FEP nicht möglich ist, müssen die Belastungen für betroffene Arten andernorts in der deutschen Nord- und Ostsee reduziert werden.
- Die Notverordnung nicht anzuwenden: Der FEP zeigt, dass die gesetzlichen Ausbauziele auf See unter Beachtung aller bewährten Umweltprüfungen erreicht werden. Keinesfalls darf die Notverordnung langfristig zu weniger Umweltverträglichkeitsprüfungen führen.
- Abschaltvorgaben nach dem Vorsorgeprinzip, bis eine verlässliche Datenlage besteht. Der Vogel- und Fledermauszug muss effektiv geschützt werden, wie es die Meeresraumordnung vorsieht.
- Die effektive Verringerung der Gesamtbelastung der Meere: Parallel zum Ausbau der Offshore-Windkraft müssen Nutzungsauswirkungen reduziert und betroffene Arten und Lebensräume gezielt gefördert und wiederhergestellt werden.
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Letzte Aktualisierung: 09/2024
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