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Schweinswal, Sterntaucher & Co. müssen besser geschützt werden
In Nord- und Ostsee leben viele schützenswerte Arten. Doch selbst in den Natura-2000-Schutzgebieten gelingt es trotz bestehender Pläne nicht, die Meeresnatur vor den schädlichen Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten zu schützen. Es fehlt ein regulierendes Schutzgebietsmanagement: Meeresschutzgebiete schützen nur, wenn Managementpläne existieren und ihre Maßnahmen umgesetzt und kontrolliert werden. Dabei müssen Teilflächen der Meeresschutzgebiete frei von allen menschlichen Nutzungen bleiben!
Die bisher vom Bundesumweltministerium veröffentlichten Managementpläne für die Schutzgebiete in der Nord- und Ostsee tragen nicht ausreichend dazu bei, die Artenvielfalt zu schützen oder wiederherzustellen. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisiert der NABU die viel zu unkonkreten Einzelmaßnahmen für die Nordsee.
Hintergrund: Das Natura-2000-Schutzgebietsnetz
Seit 1992 bildet die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) die rechtliche Grundlage zum Schutz und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in Europa. Die EU-Mitgliedsstaaten verpflichten sich, den „günstigen Erhaltungszustand“ von wildlebenden Arten und deren Lebensräumen wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern.
Wichtigstes Instrument der Richtlinie sind Schutzgebiete. Gemeinsam mit den Vogelschutzgebieten gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie bilden die FFH-Gebiete ein zusammenhängendes Netz von geschützten Lebensräumen: Natura 2000.
2007 bestätigte die EU-Kommission in der Nord- und Ostsee zehn Natura-2000-Gebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), der Region zwischen zwölf- und 200 Seemeilen vor der Küste. In der AWZ ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN) für die Auswahl, das Management und das Monitoring der Natura-2000-Flächen verantwortlich. 2017 wurden die Gebiete zu sechs nationalen Naturschutzgebieten zusammengefasst und erhielten rechtskräftige Schutzgebietsverordnungen.
Wirksame Schutzgebiete brauchen gutes Management
Zwar schließen sie Regulierungslücken der Schutzgebietsverordnungen, indem erste Leitplanken für die Seeschifffahrt oder den Rohstoffabbau eingezogen wurden.
Doch noch immer fehlt die konsequente und kohärente Umsetzung europäischer Meeresschutzverpflichtungen, beispielsweise der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie oder der EU-Biodiversitätsstrategie. Damit bleiben nicht nur seltene Arten wie Haie und Rochen in der Nordsee unberücksichtigt, es gehen auch wichtige Instrumente für einen wirksamen Meeresschutz verloren.
In den Managementplänen fehlt bisher ein räumliches Regulierungskonzept, mit dem einzelne Zonen von wirtschaftlicher Nutzung ausgenommen werden könnten. Denn Grundschleppnetze, Sand- und Kiesabbau oder militärische Nutzung vertragen sich nicht mit den Zielen von Meeresschutzgebieten.
Strenger Schutz
Um dem weiter voranschreitenden Artenverlust in Nord- und Ostsee entgegenzuwirken und die Ökosystemleistungen der Meere zu erhalten, braucht es schnellstens wirksame Schutzgebiete und Bereiche, in denen die Natur kompletten Vorrang hat. In ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 hat sich die Bundesregierung verpflichtet, zehn Prozent der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gemäß EU-Biodiversitätsstrategie streng zu schützen, also Zonen frei von schädlicher Nutzung auszuweisen. Strenger Schutz muss demnach alle extraktiven und lebensraumverändernden Aktivitäten ausschließen.
Seit Jahren unterstützt der NABU die wissenschaftlich basierte Forderung, dass 50 Prozent der Meeresschutzgebiete frei von jeglicher schädlichen Nutzung sein müssen und hat in diesem Sinne Vorschläge für streng zu schützende Gebiete in der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee entwickelt:
Die vom NABU ausgewählten Gebiete decken Bereiche mit der höchsten Dichte an streng geschützten Arten und Lebensräumen und ihrer Funktionen (unter anderem Nahrungs- und Fortpflanzungsgebiete) ab. Darunter befinden sich artenreiche Riffe, Schlickgründe und Sandbänke, Schweinswale und eine Vielzahl an Seevögeln wie Prachttaucher und Eisenten.
Die Bundesregierung muss noch in dieser Legislatur streng geschützte Gebiete ausweisen, um den Artenverlust vor unseren Küsten zu stoppen. 50 Prozent der Meeresschutzgebiete müssen nutzungsfrei werden.
Fokus: Fischerei in Meeresschutzgebieten
Fischen in Meeresschutzgebieten, zumindest mit herkömmlichen Fangmethoden, geht nicht zusammen.
Doch laut einer Studie aus dem Jahre 2018 werden in Europa 59 Prozent der geschützten Meeresfläche grundberührend befischt. Und: Innerhalb der Schutzgebiete wird sogar mehr gefischt als außerhalb. Auch in den sechs deutschen Meeresnaturschutzgebieten in der AWZ war die Fischerei lange Zeit fast unbeschränkt möglich. Mittlerweile gibt es Einschränkungen, doch reichen diese immer noch nicht aus.
Insgesamt sind lediglich 0,6 Prozent der Meeresschutzgebiete in der deutschen AWZ Nordsee komplett fischereifrei:
Trotz naturschutzrechtlicher Vereinbarungen auf EU-Ebene – wie der Meeresschutzrichtlinie – oder dem Versprechen im Koalitionsvertrag, dass „die Grundschleppnetz-Fischerei beschränkt und die Fangtechniken artenspezifisch angepasst, sowie eine naturschutzgerechte Regulierung von Stellnetzen vorgenommen werden“ soll, gibt es nur wenige Einschränkungen:
- November 2024: Verbot der aktiven mobilen Grundschleppnetzfischerei (die zerstörerischste legale Fangmethode) in Teilen der Meeresschutzgebiete der AWZ Ostsee
- Seit 2023: Verbot der aktiven mobilen Grundschleppnetzfischerei in Teilen der Meeresschutzgebiete (auf 51 Prozent der Schutzgebiete in der AWZ) der deutschen Nordsee
- Juni 2022: Verbot der Stellnetzfischerei durch die EU-Kommission in Teilen der Natura-2000-Schutzgebiete der AWZ Ostsee („Adlergrund“, „Westlich Rönnebank“, „Pommersche Bucht mit Oderbank“ und „Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht“). Gültig vom 01. November bis 31. Januar jeden Jahres, soll vor allem den vom Aussterben bedrohten Schweinswal der zentralen Ostsee schützen.
All dies sind wichtige, längst überfällige Schritte für die Meeresnatur, für die unter anderem der NABU jahrelang gekämpft hat. Doch es fehlt noch immer eine Regulierung der Fischerei in den verbleibenden Meeresschutzgebietsflächen. Der NABU fordert:
- Ein generelles Verbot der Grundschleppnetz- und Stellnetzfischerei in Meeresschutzgebieten (denkbar sind Flächen mit exklusivem Zugang für die küstennahe, kleinskalige Fischerei mit alternativen, beifangarmen Fangmethoden)
- Bis 2030 mindestens 50 Prozent der Meeresschutzgebietsfläche fischereifrei
Woran es hakt: Fischereiliches Interesse steht über dem Naturschutz
Mehrfach hat Deutschland, wie viele andere EU-Mitgliedstaaten, EU-Schutzziele für Arten und Lebensräume verfehlt. Auch ein guter Umweltzustand von Nord- und Ostsee wurde bisher nicht hergestellt. Ein Grund dafür sind fehlende Maßnahmen für die Fischerei in den „eigenen“ Meeresschutzgebieten der AWZ. Erschwert wird ein Voranschreiten einzelner Länder, weil – laut Gemeinsamer Fischereipolitik (GFP) – national erlassene Maßnahmen nicht für andere Mitgliedstaaten mit fischereilichem Interesse gelten. Das fischereiliche Interesse ist dem Naturschutz übergeordnet.
Doch die europäischen Nachbarn Irland, Spanien und die Niederlande zeigen, dass es mit politischem Willen geht. Längst gelten hier Schutzauflagen für die Fischerei in marinen Natura-2000-Gebieten. Auch Griechenland hat Anfang 2024 angekündigt, die mobile aktive grundberührende Fischerei aus seinen Meeresnaturschutzgebieten zu verbannen. So wie es der EU-Aktionsplan „Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ vorsieht. Schweden zieht im Herbst 2024 nach und legt sogar noch einen drauf: die mobile grundberührende Fischerei soll in den gesamten schwedischen Hoheitsgewässern ausgeschlossen werden.
Außerdem könnten die Küstenbundesländer eigenständig fischereiliche Maßnahmen in Küstengewässern in Natura-2000-Gebieten außerhalb der AWZ erlassen. Der Aktionsplan „Ostseeschutz 2030“ aus Schleswig-Holstein lässt hoffen, aber auch Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern müssten nun nachziehen. Deutschland muss jetzt kurzfristig die dringend notwendigen Schutzmaßnahmen für Arten und Lebensräume entlang der deutschen Nord- und Ostseeküsten umsetzen.
Letzte Aktualisierung: 11/2024
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