Meeresschutzgebiete können und sollen Refugien für seltene und bedrohte Arten und Lebensräume sein. Aber leider schützen sie in der deutschen Nord- und Ostsee nicht wie sie es sollten! Die Politik erlaubt das Fischen, Baggern und Bauen in Meeresschutzgebieten, und tausende lärmende Schiffe fahren durch sie hindurch. Es fehlen nutzungsfreie Flächen, wirksame Managementmaßnahmen und deren Kontrolle.
Rund 70 Prozent unserer Erde werden von Meeren bedeckt. Sie sind nicht nur artenreiche Lebensräume, sondern mit ihren Seegraswiesen, Algenwäldern, Salzwiesen und vielfältigen Riffen auch wichtige Kohlenstoffsenken. Und damit sowohl bedeutende Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise als auch Lebensgrundlage und Erholungsort für viele Menschen.
Seit Jahren bemühen sich Regierungen weltweit, diese Lebensräume durch die Ausweisung von Meeresschutzgebieten zu schützen. Bis zum Jahre 2030 sollen 30 Prozent der Weltmeere unter Schutz stehen – aktuell sind es lediglich 8,2 Prozent.
Rund 45 Prozent der heimischen Nord- und Ostsee sind ausgewiesene Schutzgebiete. Das klingt vielversprechend, doch anders als der Name vermuten lässt, wird dort weiter intensiv gefischt, werden Rohstoffe abgebaut, Bauprojekte umgesetzt und es herrscht reger Schiffsverkehr. Dabei haben wissenschaftliche Studien gezeigt, dass besonders in nutzungsfreien Gebieten die Anzahl und Vielfältigkeit von Arten sprunghaft ansteigen.
Zu den deutschen Schutzgebieten gehören neben drei Wattenmeer-Nationalparks in der Nordsee, zwei Nationalparks in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns und sechs Schutzgebieten der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), jenseits der 12-Meilen-Zone, noch zahlreiche weitere Natura-2000-Schutzgebiete. Zu den Schutzgütern zählen Meeressäuger wie Schweinswal und Kegelrobbe, Fischarten wie der Stör und die Finte, zahlreiche Seevogelarten sowie sensible Lebensräume wie Riffe und Sandbänke.
Natura-2000-Gebiete in der deutschen Nord- und Ostsee - Karte: NABU
Damit ein Schutzgebiet wirksam sein kann, benötigt es ein effektives Management mit konkreten Schutzzielen und -maßnahmen sowie ein etabliertes Monitoring und Kontrollen. Die drei Nordseeschutzgebiete der AWZ verfügen seit 2020 über entsprechende Pläne, entworfen vom zuständigen Bundesamt für Naturschutz. Anfang 2022 folgten die Managementpläne der drei AWZ-Meeresschutzgebiete der deutschen Ostsee.
Das sind wichtige Schritte, doch bisher sind nur wenige der enthaltenen Maßnahmen umgesetzt worden, und wenn, meist stark verwässert durch ministerielle Abstimmungsrunden. So wird zum Beispiel der Berufsschifffahrt auch in den Schutzgebieten immer noch Vorrang vor den Interessen des Naturschutzes gewährt. Zudem mangelt es an räumlichen Zonierungskonzepten, die bestimmte Nutzungen nur in ausgewählten Bereichen erlauben würden, oder gar Nullnutzungszonen. Bleibt dies so, werden die Schutzziele aufgrund des Einsatzes von zerstörerischen Grundschleppnetzen, der Gas- und Erdölforderung oder auch militärischer Nutzungen weiter verfehlt.
Deutsche Politiker*innen haben es bisher versäumt, Meeresschutzgebiete zu sicheren Refugien für marine Arten zu machen. Umso wichtiger ist es jetzt zu handeln, steigt doch der Druck auf die Meere durch den Ausbau der Offshore-Windenergie weiter an. Daher fordert der NABU eine Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG):
In Europa sollen Meere durch das Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 geschützt werden. Es bildet die Grundlage zum Schutz und Erhalt der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Es beinhaltet Vogelschutzgebiete, gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie, und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete. Zusammen sollen sie ein zusammenhängendes Netz von geschützten Lebensräumen bilden.
Laut EU-Biodiversitätsstrategie sollen bis zum Jahr 2030 30 Prozent der Meere unter Schutz gestellt werden, zehn Prozent davon sogar unter strengen Schutz. Auch die Ökosystemfunktionen der Meere zu sichern und wiederherzustellen, ist explizit Teil der Strategie. Sie ist ein wichtiges und ambitioniertes Rahmenwerk, um unsere Meere zu schützen und zu erhalten.
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