Offshore-Rammungen können verheerende Folgen für Meeresbewohner haben - Foto: Forschungs- und Entwicklungszentrum FH Kiel GmbH
Lärm im Meer
Schallschutz für Schweinswale, Robben & Co
Da Unterwasserlärm auch an Schutzgebietsgrenzen nicht halt macht, sind ungestörte Rückzugsräume für sensible Arten rar. Das Problem Lärm erkennt auch die europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie an. Sie fordert, dass sich Lärm nicht nachteilig auf die Meeresumwelt auswirken darf.
Wie laut ist es?
Die Hintergrundbelastung mit Unterwasserschall in den Meeren hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil verdoppelt bis verdreifacht. Ursache dafür ist auch der Schiffsverkehr. Der Lärm entsteht durch Motorengeräusche und die sogenannte Kavitation: Am Schiffsantrieb beginnt das Wasser durch Druckveränderungen zu "kochen". Die berstenden Gasbläschen erzeugen ohrenbetäubenden Lärm.
Warum ist Unterwasserschall ein Problem?
Da Wasser den Schall gut leitet, spielt er für viele Meeresbewohner eine große, oft überlebenswichtige Rolle. Schweinswale etwa verfügen über ein hochentwickeltes Biosonar. Sie senden Ultraschall-Klicks aus, um sich zu orientieren. Lärm stört ihre Verständigung mit Artgenossen sowie das Paarungsverhalten und erschwert die Nahrungssuche. Aber auch Fischarten wie der Dorsch nutzen Schall zur Kommunikation und Orientierung. Für viele Fische ist die Schallwahrnehmung zudem wichtig, um Fressfeinden zu entgehen.
Welche Effekte der Unterwasserschall auf die Meeresbewohner hat, hängt vom Schallpegel sowie von der Entfernung zur Schallquelle ab. Im gravierendsten Fall kann Unterwasserschall zum Tod der Meeresbewohner führen oder Verletzungen hervorrufen. So sind Schweinswale auf ihr gutes Gehör angewiesen. Verschlechtert es sich zeitweise oder gar dauerhafte, hat das schwerwiegende Folgen für die Tiere. Bei geringeren Schallpegeln oder in größerer Entfernung zur Schallquelle treten so genannte Maskierungseffekte auf. Ebenso wie wir uns an einer stark befahrenen Straße schlecht unterhalten können, ist für Meeresbewohner die Wahrnehmung überlebenswichtiger Schallsignale gestört. Schweinswale meiden daher solche Bereiche. Durch Lärm geht den Tieren damit Lebensraum verloren.
Was muss getan werden?
Es besteht noch viel Forschungsbedarf. Besonders bei Dauerschall wird bislang noch nicht ausreichend verstanden, ab welchem Schallpegel mit Störungen und Schäden zu rechnen ist und wie groß die Effekte sind. Deshalb fehlen entsprechende Grenzwerte für den Unterwasserlärm. In dem Meeren muss es leiser werden, solange hier noch Unklarheit herrscht.
Exkurs: Duales Lärmschutzkriterium in Deutschland
Bei impulshaftem Schall ist die Forschung etwas weiter. Seit dem Jahr 2011 gilt in Deutschland das duale Lärmschutzkriterium beim Bau von Windanlagen. Demnach darf der Einzelereignispegel (Schall pro Sekunde) den Wert von 160 Dezibel und der Spitzenschallpegel den Wert von 190 Dezibel nicht überschreiten. Aber auch dieses Lärmschutzkriterium berücksichtigt nicht Maskierungseffekte oder Störungen sensibler Bereiche. Doch unabhängig von Wissenslücken über damit verbundene Grenzwerte, gilt auch hier: Störungen müssen insbesondere während der sensiblen Paarungs- und Laichzeit oder während der Jungenaufzucht vermieden werden, indem Bauzeitenfenster außerhalb sensibler Perioden festgelegt werden.
Kein Lärm in Schutzgebieten
Auch Schutzgebiete , die für den lärmempfindlichen Schweinswal ausgewiesen wurden, sind weiterhin laut. Das FFH-Gebiet Fehmarnbelt passieren zehntausende Schiffe jährlich. Über effektive Schutzgebietsverordnungen muss sichergestellt werden, dass Schutzgebiete wirklich als Refugien für sensible Arten fungieren. Im Falle des Schiffsverkehrs kann das zum Beispiel heißen, auf lärmärmere Antriebe zu setzen oder langsamer zu fahren.
Was tut der NABU?
Der NABU setzt sich für effektive Schutzgebietsverordnungen ein, denn erst sie regeln, was in einem Schutzgebiet erlaubt ist. Doch gerade diese Verordnungen waren im Frühjahr 2017 stark gefährdet. Im Zuge der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes konnte eine geplante Einvernehmensregelung gerade noch verhindert werden. Sind Windparks, Pipelines oder andere Infrastrukturmaßnahmen im Meer geplant, bringt sich der NABU mit seiner Stimme für die Natur in Genehmigungsverfahren in, schreibt Stellungnahmen und erörtert das Vorhaben mit Behörden und Projektträgern. Ein weiteres brisantes Problem sind Munitionsaltlasten im Meer. Werden diese gesprengt, setzt das enorme Schalldrücke frei, die Fische und Meeressäuger töten. Der NABU macht sich für eine Bergung der Munition stark. Wo eine Bergung nicht möglich ist, müssen die Auswirkungen mit technischen Methoden möglichst gering gehalten werden.
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