Öhringer Blutstreifling - Foto: Bernhard Fehrentz
Streuobstsorten des Jahres 2019
Öhringer Blutstreifling
Streuobstsorte des Jahres in Baden-Württemberg
11. Dezember 2018 - Aus einem Zufallssämling entstand um 1860 im Raum Öhringen (Hohenlohe) die Apfelsorte, die für 2019 vom Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg (LOGL) als Streuobstsorte des Jahres 2019 gekürt wurde.
Erstmals beschrieben wurde die Sorte 1907 von F. Lucas (Erstaunlich, dass in zahlreicher Literatur immer nur der Vorname benannt, vereinzelt fälschlicherweise der früher lebende Pomologe Eduard Lucas benannt wird). Der Mutterbaum stand noch 1929 in Öhringen-Unterohrn. Der Öhringer Blutstreifling wurde in den 1930er bis in die 1960er Jahre häufig in Baden-Württemberg und in der Schweiz angepflanzt.
Der wohlschmeckende, feste und saftige Apfel ist ein vielseitiger Wirtschaftsapfel und kann auch als Tafel-, Saft- und Mostapfel verwertet werden. Anfangs hellgrün, wird die mittelgroße Sorte später strohgelb, zur Reife hin prägen sich dann insbesondere sonnenseitig die leuchtend roten namensgebenden dunkelroten Streifen von oben nach unten aus. Die Stielgrube ist weit, der Stil kurz und dick. Die Früchte sind mittelgroß, breit-eiförmig mit weitestgehend glatter, wachsartiger Oberfläche. Das Fruchtfleisch ist weißlich, fest und saftig mit süßem Geschmack und wenig säurehaltig.
Der mittelgroße Baum wächst bis in Höhenlagen von 600 Meter und besitzt eine hochgewölbte Krone mit wenig verzweigten, überhängenden Fruchtästen. Anfangs stark wüchsig, besitzt der Öhringer Blutstreifling im Ertragsstadium nur noch einen schwachen Wuchs. Für den Kronenaufbau ist ein kräftiger Erziehungsschnitt sinnvoll. Die Blüte ist mittelfrüh und hält überdurchschnittlich lange an. Die graugrünen, gefalteten, länglichen Blätter sind gut zu erkennen. Der Ertrag setzt früh ein und ist hoch und regelmäßig. Die Fruchtreife ist meist Mitte Oktober, die Lagerfähigkeit geht bis April.
Die Schorfanfälligkeit wird unterschiedlich beurteilt und ist standortabhängig.
Dithmarscher Paradiesapfel
Apfel des Jahres 2019 in Norddeutschland
13. Februar 2019 - Ein Gremium aus BUND, Freilichtmuseum am Kiekeberg, Pomologen-Verein, Streuobstwiesen- und Baumschulbetreibern sowie Mostereien aus Hamburg und Umfeld haben den Dithmarscher Paradiesapfel zum Apfel des Jahres 2019 in Norddeutschland gewählt.
Entstanden ist der Apfel im Bereich der Südermarsch Ditmarschens (Südwesten von Schleswig-Holstein), vermutlich aus einer Kreuzung vom Prinzen mit einem Taubenapfel.
Die Früchte reifen ab Anfang September nach und nach innerhalb von ca. 2 Wochen. Es gibt einen stärkeren vorzeitigen Fruchtfall ab Mitte August, diese Äpfel lassen sich aber schon gut verarbeiten. Sie sind für den Frischverzehr geeignet; die Früchte sind zwar eine gewisse Zeit lagerfähig, verlieren dabei aber ihr feines Aroma.
Die Früchte sind mittelgroß, bei überreichem Behang auch kleiner. Sie sind hoch gebaut, sehr schwach gerippt, eine Seite ist oft abgeflacht (Rippe fehlt), die Hälften meist ungleich. Der Apfel ist um die Blüte abgeflacht, die Blüte etwas eingesenkt. Die Stielgrube ist eng und nicht sehr tief. Der Stiel ist lang, dünn und holzig, ragt deutlich über die Grube hinaus.
Die Schale ist weißgelblich, relativ trocken und dünn. Die Sonnenseite ist häufig verwaschen rötlich gestreift, Schattenfrüchte, vor allem kleinere, sind oft ohne Färbung. Die Stielgrube ist grau berostet. Bei starker Besonnung können um die Grube herum kleine dunklere Rostflecken auftreten.
Das Fleisch ist mäßig saftig und reinweiß, es bleibt auch nach dem Anschnitt sehr lange weiß, liefert dadurch sehr helles Apfelmus. Arttypisch hochfein gewürzt, das Aroma ist mit keinem anderen Apfel vergleichbar.
Der Baum wächst relativ stark, verzweigt sich dabei gut. Er ist recht wenig anfällig für Krankheiten. Er trägt schon nach wenigen Jahren gut. Er alterniert im 2-Jahresrythmus, ohne dabei auszusetzen: ein Jahr sehr viele kleinere Früchte, das nächste deutlich weniger, dafür größere Früchte. Neben Auslichtungsschnitten sollte man öfters überaltertes Fruchtholz wegschneiden.
Der Dithmarscher Paradiesapfel war früher in Schleswig-Holstein eine der häufigsten Äpfel, es gibt immer noch etliche alte Bäume in der Marsch und auf der Geest. Seit 1995 wird die Sorte wieder stärker vermehrt und gerne in Hausgärten gepflanzt. Für den Erwerbsbau ist er wegen des starken Vorreifefalls weniger geeignet. Das volle Aroma bildet sich nur aus, wenn die Sommer nicht zu heiß sind. Geeignet für die Sorte sind neben Küstenklima insbesondere auch höhere Lagen in Mittelgebirgen.
Kalbfleischapfel
Hessische Lokalsorte des Jahres 2019
13. Februar 2019 - Der Kalbfleischapfel, der von der hessischen Landesgruppe des Pomologen-Vereins zur Hessischen Sorte für das Jahr 2019 gewählt wurde, ist eine südhessische Lokalsorte, die früher für die Kreise Dieburg und Offenbach als Tafelapfel empfohlen wurde. Auch als „Odenwälder Borsdorfer“ bekannt, war der Apfel in Langen, Offenthal und Egelsbach verbreitet. In dem damaligen „Obstsortiment für die Provinz Starkenburg“ (1915) wird der Kalbfleischapfel für die Bezirke Groß-Umstadt, Groß-Bieberau sowie die Bezirke Main- und Westbezirk (Kreis Offenbach) genannt. Nach 1945 geriet der Kalbfleischapfel in Vergessenheit und galt lange Zeit als verschollen. Erst 2013/2014 ist es durch die Arbeit der Initiative Streuobstwiesenretter gelungen, die Sorte wiederzufinden.
Die gleichmäßig gebaute Frucht hat Ähnlichkeit mit einer flachen Goldparmäne. Je nach Standort werden die mittelfesten und saftigen Äpfel zwischen Mitte September und Mitte Oktober reif, die Haltbarkeit reicht bis in den Winter. Die Bäume wachsen kräftig und scheinen gut und regelmäßig zu tragen. Früher als Tafelapfel gehandelt, ist der Kalbfleischapfel heute als guter Wirtschaftsapfel einzuordnen.
Die hessische Landesgruppe des Pomologen-Vereins stellte seine Lokalsorte 2019 gemeinsam mit den Streuobstwiesenrettern am 16. September 2018 beim großen Kelterfest auf dem Hofgut Guntershausen (Rheininsel Kühkopf) vor. Weitere Kooperationspartner sind die Baumschule Müller in Mauer sowie der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, die Kelterei Krämer und der Förderverein Odenwälder Apfel. Somit ist gewährleistet, dass der Kalbfleischapfel bekannt gemacht wird und wieder als Jungbaum gepflanzt werden kann. Ein ausführliches Faltblatt lässt sich von der Website des Pomologen-Vereins herunterladen. Von der Firma SOMSO ist der Kalbfleischapfel auch als Fruchtmodell erhältlich.
Moseleisenapfel
Streuobstsorte des Jahres 2019 im Saarland / Rheinland-Pfalz
30. Januar 2019 - Der Arbeitskreis „Obstsorten“ im Verband der Gartenbauvereine Saarland / Rheinland-Pfalz e.V. hat den ‘Moseleisenapfel‘ zur Streuobstsorte des Jahres 2019 für das Verbandsgebiet benannt.
Mit dem ‘Moseleisenapfel‘ wurde eine sehr alte Sorte, die vor allem im Saar-Mosel-Raum bis hin zum Mittelrhein und Belgien bekannt ist, ausgewählt. Die Apfelsorte ist zwar noch auf Obstwiesen zu finden, wird aber als selten eingestuft.
Wegen ihrer langen Haltbarkeit war die Sorte früher als Tafelapfel sowie als Wirtschaftsapfel für die häusliche Verwertung geschätzt. Heute findet sie in erster Linie als Mostapfel Verwen-dung, da ihr zum Frischverzehr das Aroma fehlt. Hier kann sie mit vergleichbaren Tafeläpfeln nicht konkurrieren. Der Apfel zeigt schon früh im September eine intensive Rotfärbung, den-noch wird der ‘Moseleisenapfel‘ erst spät, in der zweiten Oktoberhälfte geerntet. Auf dem La-ger hält er sich bis zum Frühjahr, kann also bis April/Mai aufbewahrt werden.
Die einzelnen Früchte sind eher klein bis mittelgroß. Man erkennt die Sorte recht gut an ihrer kegelförmig bis rundlichen Form und der markanten Färbung. Fast die ganze Frucht ist von einer trüb dunkelroten Farbe überzogen, die in ein bräunlich-bläuliches Rot übergeht und leicht verwaschen streifig ist. Auffällig sind zudem die hellen bis berosteten Schalenpunkte. Das grünlich-weiße Fruchtfleisch ist fest, schmeckt süßsäuerlich bis süß, hat aber leider kein besonderes Aroma. Markant ist auch die klecksig-schuppig berostete Stielgrube und der kurze Stiel.
Die Baumform ist meist etwas ungewöhnlich. Häufig erschein die Krone asymmetrisch, da sich nur auf einer Seite stark ausgebildete Leitäste zeigen. Der Baum wächst insgesamt mittelstark bis stark und zeigt eine für die Sorte typische Dünntriebigkeit. Kompakte Kronen bedürfen eines regelmäßigen Rückschnittes der Leit- und Hauptäste. Er kommt früh in den Ertrag. Die Blüte zeigt sich spät. ‘Moseleisenapfel‘ hat an Boden und Standort keine besonderen Anforderungen. Die Sorte ist jedoch leicht schorfanfällig und so sind gut durchlüftete Lagen vorzuziehen.
Als reichtragende, wenn auch eher kleinfrüchtige Sorte hat der ‘Moseleisenapfel‘ im Saar-Mosel-Raum seinen Wert als robuste Mostobstsorte für ungünstigere Streuobstlagen.
Weiter bereits gekürte Sorten des Jahres 2019 sind der Kalbfleischapfel für Hessen und der Kleine Herrenapfel für Sachsen. Ihre Porträts folgen demnächst.
Wer ist es geworden und wer hat es sich ausgedacht? Ob Vogel, Schmetterling oder Nutztier, Baum, Orchidee oder Alge: Wir bieten die Jahreswesen und die Kontaktadressen der sie kürenden Organisationen im tabellarischen Überblick. Mehr →