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Jetzt spenden!1.500 Bäume in Pflege
NABU-Gruppe in Barleben engagiert sich für Streuobst
Wer ein Herz für Streuobst hat, der findet ein kleines Paradies in Barleben nahe Magdeburg. Dort hat sich die NABU-Ortsgruppe einen Sortengarten mit bisher rund 220 alten Apfel- und 40 Pflaumensorten auf drei Wiesen aufgebaut. Unsere erste Station ist eine dieser Wiesen im Technologiepark Ostfalen, einem lokalen Gewerbegebiet mit großzügigen Grünflächen. Die Ortsgruppe entwickelt hier auf den Ausgleichs- und Ersatzflächen seit über zehn Jahren ca. 30 Hektar Wiesen für eine höhere Artenvielfalt. Auf knapp zwei Hektar haben sie eine Streuobstwiese mit 100 alten Apfelsorten angelegt. Insgesamt gehören zu ihren Sortengärten in Barleben über 500 Obstbäume.
Sortenkenntnisse gehen verloren
„Wir hatten Glück, als wir 2010 von dem Obstbauforscher Dr. Hilmar Schwärzel aus Müncheberg jeweils ein Exemplar seines dreifach gesicherten Apfelsortiments übernehmen konnten. So bekamen wir auf einen Schlag über 200 alte Sorten in einer Top-Pflanzqualität“, erklärt Yves Bloege, Projektleiter der Streuobstgruppe. „Mittlerweile haben wir fast alle Sorten dreimal nachveredeln lassen, damit bei Verlust eines Baumes nicht gleich die komplette Sorte verloren geht. So können wir insbesondere recht selten gewordene Regionalsorten langfristig erhalten.“ Sorgen macht sich Bloege allerdings um den Erhalt der Sortenkenntnisse: „Ein guter Pomologe ist mittlerweile seltener als jede Apfelsorte. Ohne unseren 83-jährigen Obstbaumkundler Sigurd Schossig, der mit uns jedes Jahr die Obstsorten aus alten Streuobstwiesen, Privatgärten und Alleen bestimmt, wüssten wir nicht, was wir tun.“
Ein wenig Sorgen macht sich auch Jörg Brämer, Vereinsvorsitzender der Ortsgruppe, über die Pflege der vielen Bäume. „Werden Obstbäume nicht geschnitten, ist das für sie meist fatal. Die Baumkronen verbuschen und vergreisen, die Leitäste wachsen dabei eher ausladend nach außen anstatt nach oben, sodass später die Fruchtäste schnell überlasten und dann frühzeitig abbrechen.“ Nur durch die kontinuierliche Pflege könne gewährleistet werden, dass die Bäume ein hohes Alter erreichen und vielen Tieren einen Lebensraum bieten. Außerdem würden die Früchte nur an regelmäßig gepflegten Bäumen die sortenspezifischen Eigenschaften zeigen.
„Rote-Listen-Arten mögen die deutsche Ordnung nicht“
Der ökologische Wert von Streuobstwiesen steigt mit dem Alter der Bäume und ist besonders hoch, wenn in einem Altbaumbestand zusätzlich sowohl liegende als auch stehende Totholzstrukturen vorhanden sind. Die von der NABU-Gruppe Barleben seit acht Jahren betreute Streuobstwiese bei Gutenswegen, unsere zweite Station, war bei den Auswertungen des Arteninventars in Sachsen-Anhalt stets oben dabei. „Insbesondere eine hohe Anzahl an Rote-Listen-Arten erreicht man häufig nur mit einer gewissen Nachlässigkeit zum deutschen Ordnungssinn“, sind sich die Barleber Naturschützer einig. Zugunsten der Artenvielfalt ziehen die Barleber eine Beweidung ihrer Wiesen der Mahd vor.
Viele Arbeit für wenig Personen
Auf der Fahrt zur letzten Streuobstwiese nach Loitsche erzählt Jörg Brämer, wie es dazu kam, dass die Ortsgruppe mittlerweile achtzehn Streuobstwiesen und verschiedene Obstbaumbestände an Feldwegen und Splitterflächen bewirtschaftet. „2006 ist der Verein angesprochen worden, ob es möglich wäre, Ein-Euro-Jobber zu betreuen. Anfangs hatten wir sechs Personen, später zeitweise dann sogar mehr als sechzig in verschiedenen Gemeinden unseres Landkreises im Einsatz.“ Um diese langfristig beschäftigen zu können, wurden Pflegeverträge für zusätzliche Wiesen abgeschlossen. Als das Projekt auslief, schrumpfte die Arbeitskraft wieder von sechzig auf sechs Personen.
„Damit wir die Pflege und den Betrieb der Streuobstwiesen aufrechterhalten können, versuchen wir, viele Wiesen durch private Nutztierhalter zu bewirtschaften. Die Baumpflege wird in Sachsen-Anhalt derzeit zum Glück durch das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten gefördert. Pro Baum gibt es ein jährliches Pflegegeld“, so Brämer. Die finanzielle Unterstützung sei schon gut, doch müsse auch die Arbeit gemacht werden, räumt Yves Bloege ein: „Kaum jemand weiß, wie Obstbäume in der freien Landschaft geschnitten werden, sodass sie stabil und lange stehen. Daher verbringe ich, sobald im Winter Plusgrade sind, viel Zeit mit dem Obstbaumschnitt. Etwas tatkräftige Unterstützung wäre schon nicht schlecht.“ Allein durch den Standort werde jeder Baum anders geprägt und bedürfe einer individuellen Schnittpflege. „Ich nutze den sogenannten Oeschbergschnitt, bei dem die Bäume in den ersten sieben bis zehn Jahren jährlich geschnitten werden, damit die Äste nach oben wachsen und der Baum stabil wird“, erzählt Bloege.
50 Rauwollige Pommerische Landschafe übernehmen die Wiesenpflege
Im Sommer gibt es an den Bäumen nicht so viel zu tun, die eigentliche Arbeit geht ab Frühjahr auf die Wiesen über, die über das Sommerhalbjahr bunt und nahrungsreich gehalten werden müssen. In Loitsche erledigen das Schafe. „Eine technische Mahd wäre hier wie auch auf vielen anderen Flächen aufgrund ihrer Strukturen viel zu aufwendig und auf Dauer kaum realisierbar“, erklärt Bloege. Mit seinen Rauwolligen Pommerischen Landschafen beweidet er für den NABU insgesamt vier Streuobstwiesen.
Streuobstwiesen gehören zu den ökologisch wertvollsten landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland. Doch gerade weil die Aussichten für Streuobstwiesen so schlecht stehen, möchte sich der NABU Barleben weiterhin intensiv für deren Erhalt einsetzen. Wer Jörg Brämer und Yves Bloege bei ihrer Naturschutzarbeit unterstützen möchte, ist jederzeit willkommen.
Nicole Flöper
- Kontakt: NABU Barleben, c/o Jörg Brämer, Breiteweg 166, 39179 Barleben, Tel. 0171-1151241
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