Feldhase - Foto: Adobestock/Michael Breuer
Laut werden für den Feldhasen!
Meister Lampe geht es schlecht bei uns
Was wäre Ostern ohne Osterhasen? Jedes Jahr freuen sich immer noch viele Kinder auf den Osterhasen, der bunte Eier bringt. Das reale Vorbild des Osterhasen, den Feldhasen, kennt jedoch kaum noch jemand. Kein Wunder, denn einem echten Feldhasen begegnen wir nur noch selten. Seine Bestände haben seit den 1980er Jahren stark abgenommen.
Wie viele Feldhasen gibt es noch in Deutschland?
Noch in den fünfziger Jahren waren Feldhasen in großer Zahl auf unseren Feldern und Wiesen zu finden. Jede*r kannte Meister Lampe. Heutezutage gibt es von dem einstmaligen Allerweltstier nur noch etwa zwei bis drei Millionen Tiere über ganz Deutschland verteilt.
Exakte Bestandszahlen von früher gibt es kaum. Jedoch lassen die jährlichen sogenannten Feldhasenstrecken – das ist die Anzahl der auf Jagden getöteten Hasen – Rückschlüsse auf das Ausmaß der Bestandseinbrüche zu. Denn wurden im Jahr 1980 noch rund 825.000 Feldhasen geschossen, ging diese Anzahl im Jahr 2017 auf etwa 185.000 zurück. Das ist ein Rückgang von 77 Prozent. Grob geschätzt kann man also sagen, dass die damaligen Feldhasenbestände auf ein Viertel geschrumpft sind.
„Dem Feldhasen gehts doch gut bei uns! Auf meinem Acker sehe ich immer ganz viele.“
Was denn nun? Gefährdet oder nicht?
Auf den Verbreitungskarten des Wildtiermanagementsystems sieht man zwar, dass sich die Bestände des Feldhasen seit einigen Jahren auf einem stabilen Niveau bewegen. Aber die Bestandszahlen sind insgesamt viel zu niedrig. Und die erwähnte Stabilisierung zeigt nur den kurzfristigen Trend.Langfristig geht der Trend eindeutig nach unten. Auf einem Quadratkilometer leben heute durchschnittlich elf Feldhasen. Vor 40 Jahren waren es zehn Mal so viele. Auch sind die sogenannten Fallwildzahlen leicht rückläufig. Als Fallwild bezeichnet man Wildtiere, die tot aufgefunden wurden - meist wurden sie überfahren. Da diese Zahl nicht mit der Bejagung zusammenhängt, kann man davon auszugehen, dass sie auch die tatsächliche Bestandsentwicklung wiedergibt.
Die Bestände schwanken auch witterungsbedingt, weil gerade das Überleben der Junghasen vom Wetter beeinflusst wird. Aber bei einem höheren Bestand und einer stabilen Population könnten diese Verluste besser ausgeglichen werden. Vor allem ist es die fehlende Nahrung, die dem Hasen zu schaffen macht und ein Ansteigen der Population verhindert. Hier ist vor allem die intensive Landwirtschaft verantwortlich, die zu einem flächendeckenden Verlust von Kräutern in der Landschaft und damit zum Rückgang des Feldhasen geführt hat.
Der Feldhase ist in fast allen Bundesländern bedroht. Die Bedrohung reicht von potenziell bis stark gefährdet. Wie oben erwähnt, konnten sich die Bestände in den letzten Jahren in einigen Teilen Deutschlands zwar stabilisieren, sie tun dies jedoch auf einem niedrigen Niveau. Der NABU rät in solchen Fällen, den Feldhasen ganzjährig zu schonen.
Bei zu geringen Bestandszahlen kann sich auch die Bejagung negativ auswirken. Und auch, wenn Feldhasen selbst zur Beute für Beutegreifer wie ... werden. Diese Gründe sind aber nicht ursächlich für den Rückgang des Feldhasen! Auch hier spielt die Landbewirtschaftung eine nicht unerhebliche Rolle: Denn in ausgeräumten Agrarlandschaften ist Gefahr für Junghasen, von Beutegreifern erwischt zu werden, offenbar erhöht, weil sie sich nicht mehr so gut verstecken können.
Wie funktioniert eine Scheinwerferzählung?
Die Scheinwerferzählung ist eine wissenschaftlich anerkannte Methode, um Feldhasen zu zählen. Seit 1995 wird sie auch in Deutschland regelmäßig zur Bestandserfassung von Feldhasen, Rotwild und anderen Tiere angewandt. Bei der Zählung wird eine festgelegte Strecke des Reviers nachts mit dem Auto abgefahren. Mit einem starken Scheinwerfer werden dabei offene Flächen (Felder, Wiesen, Weiden) abgeleuchtet und die beobachteten Tiere gezählt. Trotz einer minimalen Fehlerquote gelten die Daten aus der Scheinwerferzählung als belastbar.
Was sind die Gründe für diesen dramatischen Bestandsrückgang?
Der wichtigste Grund für den Rückgang des Feldhasen ist die hochintensive Landbewirtschaftung. Die Intensivierung führt zum einen zu immer größeren Feldern, die sehr strukturarm und eintönig geworden sind. Auf solchen Flächen gibt es für den Feldhasen zu wenig Schutz und zu wenig Nahrung. Denn der Feldhase braucht abwechslungsreiche pflanzliche Kost, bestehend aus Gräsern, Kräutern, Wurzeln und Knollen.
Zum anderen nimmt die Vielfalt der angebauten Ackerfrüchte ab. Diese einseitigen Fruchtfolgen mit wenigen Ackerkulturen bieten dem Feldhasen ebenfalls keine ausreichende Nahrungsgrundlage.
Auch die intensive Anwendung von Pestiziden reduziert natürlich die Anzahl der Beikräuter. Und der Einsatz von großen Düngermengen sorgt dafür, dass vor allem eiweißhaltige Gräser und Brennnesseln wachsen, und die Kräuter, die der Hase als Nahrung benötigt, immer weniger werden.
Wie können wir den Feldhasen schützen?
Damit sich die Bestände wieder erholen, benötigt der Feldhase Flächen, die nur extensiv genutzt werden und deshalb eine hohe Pflanzenvielfalt aufweisen. Besonders Getreidefelder, bei denen das Getreide mit einem weiten Abstand eingesät wird, und auf denen keine Pestizide und wenig Dünger eingesetzt werden, helfen dem Feldhasen. Denn auf solchen Anbauflächen finden sich auch viele Kräuter. Dies ist auch auf Brachflächen der Fall, auf denen sich Wildkräuter ansiedeln. Auch sie helfen den Hasen zu überleben.
Was tut der NABU, um dem Feldhasen zu helfen?
Der NABU will, dass die europäische Landwirtschaft natur- und umweltverträglicher wird. Das bedeutet, dass auch der Artenvielfalt endlich Priorität eingeräumt werden muss. Deshalb fordern wir mit „Space for Nature“ in unserer Agrarkampagne, dass auf jedem Betrieb zehn Prozent der Fläche aus der Produktion genommen werden und wieder für die Natur freigegeben werden sollen. Auf diesen Flächen können sich zum Beispiel Brachen entwickeln oder mehrjährige Blühstreifen angelegt werden. Dann würde der Feldhase auch wieder genügend Nahrung finden.
Darüber hinaus wollen wir, dass im Zuge der nationalen Ackerbaustrategie die Fruchtfolge verbreitert – also vielfältiger – und die Düngung reduziert wird. Langfristig könnten sich dadurch wieder mehr Kräuter auf Ackerrainen und Blühflächen ansiedeln.
Außerdem unterstützt der NABU mit seinem Förderpreis „Gemeinsam Boden gut machen“ seit 2015 die Umstellung von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft. Die Bilanz: Bislang wurden 70 Betriebe mit insgesamt 1,4 Millionen Euro unterstützt und über 13.000 Hektar umgestellt. Auf Flächen von Ökobetrieben kommen grundsätzlich mehr Feldhasen vor.
Da der Feldhase mittlerweile bundesweit auf der Liste der gefährdeten Tierarten steht, sollte von einer Bejagung abgesehen und der Feldhase ganzjährig geschont werden.
Wissenswertes zum Feldhasen
Verbreitung und Lebensraum
Der Feldhase kommt in ganz Europa vor. Auch in Westasien und Nordafrika ist er teilweise verbreitet. Als ursprünglicher Steppenbewohner bevorzugt der Feldhase offene Landschaften mit einem warm-trockenem Klima. In Deutschland besiedelt er als Kulturfolger daher vorwiegend die landwirtschaftlich genutzten Tieflandbereiche. Er ist auch in den bewaldeten und höheren Lagen verbreitet, dort aber in geringerer Dichte. In den Alpen trifft man ihn bis zu einer Höhe von 1.600 Metern an. Bevorzugt werden offene, niederschlagsarme Gebiete mit trocken-warmen Lössböden und einer vielfältigen, kleinparzellierten Flächennutzung aus Äckern, Wiesen, Weiden und Brachen (Jürgen Eylert in Atlas der Säugetiere Nordrhein-Westfalens, 2015).
Beschreibung
Der Feldhase wird ungefähr 60 bis 70 Zentimeter lang. Er hat kräftige, lange Hinterbeine, mit denen er schnell beschleunigen und sehr gut springen kann. Diese benötigt er als Fluchttier, um bei Gefahr plötzlich aus seinem Versteck zu fliehen. Vom Kaninchen unterscheidet sich der Feldhase außer durch seine Größe auch durch wesentlich längere Ohren und die Farbe. Während Kaninchen eher grau gefärbt sind, ist das Fell des Feldhasen braun bis rotbraun. Feldhasen werden vier bis fünf Jahre alt, in Gefangenschaft können sie deutlich älter werden.
Tagsüber hockt der Feldhase meist in einer von Hecken oder hohem Gras geschützten Mulde, die er häufig zwischen Ackerfurchen gräbt. Diese Mulde wird auch Sasse genannt. Durch sein ausgezeichnetes Gehör kann der Feldhase Gefahren frühzeitig wahrnehmen. Auch der Geruchssinn ist sehr gut ausgeprägt. Nähert sich einer seiner zahlreichen Feinde, bleibt der Hase zunächst mit angelegten Ohren geduckt und regungslos in der Sasse liegen. Kommt der Feind dem Versteck zu nah, ergreift der Hase blitzschnell die Flucht.
Der Feldhase lebt das Jahr über als Einzelgänger. Zu Beginn der Fortpflanzungszeit von Januar bis März kann man auf Acker- und Grünlandflächen aber häufiger mehrere Hasen und Häsinnen zusammen antreffen. Dann lassen sie sich auch tagsüber gut beobachten. Nach einer Tragzeit von rund sechs Wochen werden zwischen Februar und August bis zu viermal Junge geboren. Die Häsin kann dabei Embryonen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien austragen.
Ernährung
Bei Einbruch der Dämmerung wird der Feldhase aktiv und geht auf Nahrungssuche. Er ernährt sich vegetarisch von Gras, Kohl, Blättern, Gemüse, Früchten und Rinde.
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