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Konventionelle Landwirtschaft heute
Ob es schneit, regnet oder die Sonne scheint – seit über 30 Jahren arbeitet Michael Schneller als Landwirt in der freien Natur und bezeichnet diesen Job als den schönsten der Welt. „Ich würde ihn immer wieder ergreifen, denn in keinem anderen Beruf ist man so mit der Natur verbunden“, sagt er. Schneller ist Landwirt im hessischen Niddatal und gehört zu den 93 Prozent der in Deutschland wirtschaftenden Landwirte (Statista, 2016), die auf konventionelle Weise arbeiten. Der Begriff dient vor allem dazu, sich von der ökologischen Landwirtschaft abzugrenzen.
Da bei vielfältigen Modernisierungen, die teilweise auch durch staatliche Subventionen gefördert werden, Umwelt- und Tierschutzprobleme oft zu wenig berücksichtigt wurden, steht die konventionelle Landwirtschaft immer wieder in der öffentlichen Kritik.
Akzeptanz für moderne Landwirtschaft gesunken
„Ich bin überzeugt von moderner Landwirtschaft mit seinen technischen Innovationen. Auch ökologische Landwirte greifen in die Natur ein, es kommt immer auf die Art und Weise an“, sagt Schneller. Er hat den Betrieb von seinen Eltern übernommen und bewirtschaftet rund 120 Hektar mit Ackerbau: Getreide, Zuckerrüben, Raps. Bis 2003 gab es noch 42 Milchkühe, das hat sich jedoch nicht mehr rentiert. Die Investitionen in einen neuen Stall wollte Schneller sich sparen. „Wir kommen finanziell gut klar, aber das lässt sich natürlich nicht pauschalisieren, das kommt auch häufig auf den Betriebsleiter an. Dass es viel weniger Landwirte als früher gibt, das ist eine Tatsache“, so Schneller. Das Sterben der Betriebe sieht er auch als Grund für die gesunkene Akzeptanz von moderner Landwirtschaft bei den Verbrauchern. „Die meisten kennen nur Negativschlagzeilen aus den Medien, haben aber keine persönlichen Berührungspunkte mit der Landwirtschaft und wissen gar nicht mehr, was wir Bauern so tun.“
Neben der landwirtschaftlichen Arbeit muss viel Zeit in Verwaltungsprozesse gesteckt werden. „In meinem Betrieb beläuft sich der Arbeitsaufwand für das Umsetzen und die Dokumentation der EU-Vorgaben auf ca. 100 Stunden pro Jahr“, so Schneller. Grundsätzlich seien einheitliche Regelungen sinnvoll. „Die Landwirtschaft in der EU ist aber von Sizilien bis Dänemark sehr unterschiedlich. Deshalb sind auch viele Regelungen im Einzelfall nicht zielorientiert und führen zu einem hohen bürokratischen Aufwand.“
Heutiges Wissen führt zu Ertragssteigerung
Im Jahresverlauf hat auch Schneller am häufigsten mit dem Wetter zu kämpfen. „Trotz der jahrelangen Erfahrung ist die Witterung jedes Jahr anders. Extremwetterereignisse haben neuerdings zugenommen, da muss ich zusehen, trotzdem eine gute Ernte hinzubekommen.“ Der Landwirt muss seine Erträge gleich hoch halten oder sogar steigern. „Durch unser heutiges Wissen, das sich über die Jahrzehnte erweitert hat, haben wir beispielsweise die Erträge bei Zuckerrüben gesteigert, brauchen gleichzeitig aber weniger Düngung, was der Umwelt zugutekommt.“
Auch ökologische Betriebe müssten auf den Ertrag schauen und Unkräuter und Pflanzenkrankheiten regulieren, auch dort gäbe es Vor- und Nachteile. „Mit der Mulchsaattechnik, bei der Ernterückstände auf dem Boden bleiben, muss ich weniger in den Boden eingreifen, fördere das Bodenleben, habe besseren Bodenschutz und weniger Erosionsschäden. Ökologische Betriebe pflügen den Boden mehr und haben so mehr Probleme mit Austrocknung und Wind“, erklärt der 55-Jährige. Er verwendet Pflanzenschutzmittel im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes und setzt sie erst ein, wenn die Kosten der Behandlung geringer sind als der mögliche ökonomische Schaden durch Ertragsverluste. Dies hält er aber für unbedenklich. „Ich bin da an die gesetzlichen Beschränkungen gebunden und sehe die geringen Mengen als nicht problematisch an.“ Selbst im ökologischen Anbau seien schließlich bei Bedarf gewisse Pflanzenschutzmittel erlaubt.
Verbraucher richtet sich nach Preis
Das Hauptproblem für den Rückgang von Flächen und Artenvielfalt sieht Schneller nicht in der Arbeitsweise der Landwirte, sondern im enormen Druck durch Infrastrukturmaßnahmen, wie den Bau von neuen Einkaufs-, Wohn- oder Gewerbezentren. „Die Siedlungsflächen bedrohen unsere Ackerflächen, aber auch wichtige Biotope. Dabei stehen in vielen Klein- und Mittelstädten Gebäude leer. Ein gesunder Boden ist jedoch unser wichtigstes Kapital für die Zukunft.“ Er sieht auch keine Kollision mit dem Naturschutz. „Es findet immer mehr ein Umdenken statt, viele Landwirte setzen sich für den Artenschutz ein. Ich habe Flächen vorgesehen, auf denen ich artenreiche Blühmischungen ausbringe, damit die Bienen auch nach der Rapsblüte noch lange etwas Blühendes vorfinden, und habe Blühstreifen angelegt.“ Es sei zwar immer ein Spagat, denn je höher die Agrarpreise seien, desto mehr Flächen möchte ein Landwirt natürlich für seine Erträge nutzen. Er kann es sich dann aber auch leisten, Flächen für den Artenschutz bereitzustellen.
Letztlich entscheide der Preis auch beim Verbraucher. Wenn gefragt werde, sei bio zwar gewünscht, aber das Verbraucherverhalten ein anderes. Die Nachfrage geht zum billigen Discounter. Da warnt der Experte: „Bio in Discountern, das aus dem Ausland kommt, da weiß der Käufer auch nicht unbedingt, was drin ist. Da kaufe ich doch lieber regional.“
Nicole Flöper
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