Laut werden für den Feldhasen!
Die Bestände des Feldhasen haben seit den 80er Jahren um schätzungsweise 75 Prozent abgenommen. Mit der Aktion „Werde laut für mich!“ wollen wir dem Feldhasen helfen. Mehr →
Die Corona-Krise hat uns die Verwundbarkeit auch unserer Nahrungsmittelproduktion deutlich vor Augen geführt. Lieferketten sind gestört, Absatzmärkte weggebrochen und es fehlen viele Arbeitskräfte – das sind große Herausforderungen, die die Landwirtschaft jetzt meistern muss. Doch gleichzeitig gehen auch Klimakrise und Artensterben unvermindert weiter, die noch viel größere Probleme für die Nahrungsmittelerzeugung bereithalten.
Die milliardenschwere Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) regelt umfassend, welche Förderung Betriebe vom Staat erhalten und unter welchen Bedingungen. Die aktuelle Förderperiode läuft Ende 2020 aus, aber die Verhandlungen für die nächsten sieben Jahre sind ins Stocken geraten und verzögern sich durch die Corona-Krise weiter. Damit die Zahlungen weitergehen, hatte die EU-Kommission eine Übergangsverordnung für die nächsten zwei Jahre vorgeschlagen. Tenor: Alles soll weiterlaufen wie bisher, trotz der miserablen Ökobilanz der aktuellen Agrarsubventionen.
Der Agrarausschuss im EU-Parlament hat diese Regelung nun ohne große Änderungen durchgewunken. Aus Sicht des Naturschutzes ist das ein grober Fehler, denn diese Übergangsverordnung wäre eine große Chance gewesen, die Landwirtschaftsförderung der nächsten zwei bis drei Jahre zu beeinflussen und einige Fehlentwicklungen zu korrigieren. Mit ersten Weichenstellungen hätte den Landwirt*innen somit der Übergang zu einer naturverträglicheren und klimaneutraleren Landwirtschaft erleichtert werden können. Gemeinsam mit seinem europäischen Dachverband BirdLife hatte der NABU die Europaabgeordneten deshalb aufgefordert, diese Chance zu ergreifen.
Folgende Verbesserungen hätten mit der Übergangsverordnung beschlossen werden können:
Fünf Prozent „Space for Nature“ auf landwirtschaftlichen Flächen
Wenn Landschaftselemente und andere naturnahe Flächen aus der Agrarlandschaft verschwinden, leidet besonders die Artenvielfalt. Vögel und Insekten verschwinden und fehlen zunehmend bei der natürlichen Bestäubung und Schädlingsbekämpfung. Deshalb ist es wichtig, wieder Platz zu schaffen für die Natur.
Bereits 2012 hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, fünf Prozent landwirtschaftlichen Flächen für Brachen und Hecken zur Verfügung zu stellen. Ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn laut Wissenschaft eigentlich zehn Prozent notwendig wären. Doch selbst die moderate Forderung von fünf Prozent wurde dann von den Agrarminister*innen und dem damalige Europarlament komplett verwässert. Anstatt sinnvoller Landschaftselemente und Brachen wurden hauptsächlich Zwischenfrüchte verwirklicht, die aber nachweislich zu wenig positive Effekte auf die Artenvielfalt haben.
Die Übergangsverordnung hätte diese Fehlentwicklung nun zurückdrehen können, indem sie nur solche Maßnahmen zugelassen hätte, die einen erwiesenen Nutzen für die Artenvielfalt haben. Chance vertan!
Fruchtfolgeregelungen stärken für mehr Vielfalt auf dem Acker
Vielfältigere Fruchtfolgen erhöhen die Widerstandsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion auch gegenüber Pflanzenkrankheiten und Schädlingen. Sie wirken sich positiv auf das Bodenleben aus und erhöhen die Bodenfruchtbarkeit. So sinkt auch die Abhängigkeit der Landwirt*innen von teuren Pflanzenschutz- und Düngemitteln.
Die bisherigen Fruchtfolgeregelungen haben nicht zu deutlich mehr Vielfalt auf dem Acker geführt. Auch das hätte mit der Übergangsverordnung korrigiert werden können. Leider wurde auch diese Chance verspielt!
Naturschutz- und Agrarumweltmaßnahmen ausreichend finanzieren
Die Mitgliedstaaten müssen für gezielte Naturschutzmaßnahmen die sogenannte Zweite Säule finanziell besser als bisher, aber mindestens genau so gut ausstatten, unabhängig von der Höhe des Budgets der zukünftigen EU-Agrarpolitik.
Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments nahm die große Chance nicht wahr, einige Fehlentwicklungen des Fördersystems zu korrigieren, sondern stimmte dafür, das bisherige Fördersystem mit all seinen Fehlern und Schwächen zu verlängern. Während der dritte Dürresommer sich bereits ankündigt, werden Klima- und Naturschutz damit erneut auf die lange Bank geschoben.
Darüber hinaus wurde die Debatte über die Übergangsverordnung fast vollständig abgewürgt. Die über 400 Änderungsanträge der Abgeordneten zum Kommissionstext, die zum Teil sehr konkrete und pragmatische Verbesserungen am Fördersystem beinhalteten, wurden in kleiner Gruppe virtuell hinter verschlossener Tür diskutiert. Eine geplante Aussprache im Agrarausschuss fiel am 15. April fast komplett aus, unter anderem aufgrund technischer Probleme mit der Internetverbindung. Die erzielten Kompromisse wurden letztlich ohne weitere Diskussion abgenickt. Anschließend entschied der Ausschuss ohne Not, das Ergebnis Mitte Mai nicht dem Plenum vorzulegen, sondern direkt in den Trilog mit dem Rat einzusteigen, und schaltete damit eine weitere Kontrollinstanz aus.
Auch wenn die Corona-Krise sicherlich eine Herausforderung für den parlamentarischen Prozess darstellt, muss dennoch genau hingesehen werden, wenn über 100 Milliarden Euro Steuergeld in den nächsten zwei Jahren entschieden wird. Dieser Prozess ist intransparent und schwächt die weitere Position des Parlaments in den noch kommenden Verhandlungen zur Hauptreform.
Die Entscheidung des EU-Parlaments zur Hauptreform der EU-Agrarpolitik, die wegen Corona in den Herbst 2020 verschoben wurde, wird nun von umso größerer Bedeutung für Europas Artenvielfalt sein. Der NABU wird sich weiter für eine umfassende EU-Agrarreform einsetzen, zum Beispiel mit der NABU-Agrarkampagne „Werde laut für mich!“.
Jetzt mitmachen!Brüssel, 29.April 2020. Der Agrarausschuss des europäischen Parlamentes hat gestern über die weitere EU Agrarförderung der voraussichtlich nächsten zwei Jahre abgestimmt. Diese sgn. Übergangsverordnung war nötig geworden, nachdem […] mehr →
Die Verlängerung um voraussichtlich zwei Jahre ist aus zwei Gründen notwendig: Zum einen wird in Brüssel nun schon seit Monaten um die Zukunft der EU-Agrarpolitik (GAP) gestritten. Die Verhandlungen über den Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2018 dauern immer noch an. Und der andauernde Richtungsstreit zwischen Umwelt- und Agrarausschuss verzögert die endgültige Verabschiedung immer weiter, die eigentlich für Dezember 2019 geplant war. An einen pünktlichen Start der neuen Förderperiode zum 1. Januar 2021 ist nicht mehr zu denken.
Die EU-Kommission legte deshalb Ende letzten Jahres eine Übergangsverordnung vor, die im Mai 2020 im EU-Parlament abgestimmt werden sollte . Diese Verordnung ollte die gegenwärtige Agrarförderung um ein Jahr verlängern. Aber nun hat die Corona-Krise auch diesen Zeitplan endgültig über den Haufen geworfen. Die Übergangsverordnung muss also dementsprechend nicht nur für ein sondern für zwei Jahre gelten.
Umso wichtiger wäre es gewesen, dass im Europaparlament die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Angesichts von Klimawandel und Artensterben darf die Zeit der Übergangsverordnung für den Umweltschutz nicht ungenutzt bleiben. Die EU-Abgeordneten müssen jetzt ein Signal setzen und den Übergang zu einer umwelt- und klimafreundlichen Landwirtschaft einleiten.
Nach den Vorstellungen das NABU nicht. Die Übergangsverordnung würde auf die bereits vorhandenen Instrumente zurückgreifen, die Landwirt*innen und Verwaltungen schon bekannt sind. Bereits seit langem als unwirksam erkannte Ausnahmen und Optionen würde gestrichen. Ein einfacheres aber umweltfreundlicheres System wäre die Folge.
Die Übergangsregelung kann nur ein erster Schritt sein. Einige Mängel der derzeitigen EU-Agrarpolitik können und müssen jetzt behoben werden, aber letztlich ist eine komplette Umorientierung der Agrarförderung notwendig. Pauschale Flächenzahlungen müssen in die gezielte Unterstützung für Umstellungsmaßnahmen von Landwirt*innen umgewandelt werden. Für den Naturschutz muss den Betrieben mehr Geld zur Verfügung stehen.
Zudem gibt es gesicherte Erkenntnisse, dass mindestens zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für die Artenvielfalt reserviert werden muss, wenn wir die Biodiversitätsziele erreichen wollen. Die Übergangsregelung wäre ein wichtiger Zwischenschritt, indem Sie zunächst auf fünf Prozent Platz für die Natur und damit auch Bestäuber, Erosionsschutz und Wasserspeicher für die Nahrungsmittelproduktion schafft.
Seit der letzten EU-Agrarreform müssen Betriebe, die in den Genuss von EU-Subventionen kommen wollen, fünf Prozent ihrer Flächen als sogenannte „Ökologische Vorrangflächen“ (ÖVF) ausweisen. Dies gilt jedoch nur für Acker- nicht für Grünland, außerdem sind Klein- und Biobetriebe ausgenommen. Zudem ist auf den Vorrangflächen der Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen erlaubt, bis 2016 sogar mit dem Einsatz von Pestiziden.
Im Ergebnis sind in Deutschland von diesen bereits moderaten fünf Prozent nur etwas mehr als ein Fünftel, nämlich 1,5 Prozent, mit Maßnahmen belegt, die einen Nutzen für die Artenvielfalt haben (zum Beispiel Hecken, Brachen oder Blühflächen). Nach Ansicht der Wissenschaft ist das viel zu wenig, mindestens zehn Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtfläche wären notwendig.
Mit der Übergangsverordnung besteht die Chance, auf zumindest fünf Prozent Platz für die Artenvielfalt zu schaffen, wenn auch zunächst nur auf Ackerflächen.
Die Zwischenfrüchte, die auf den Ökologischen Vorrangflächen angebaut werden, tragen nur in den seltensten Fällen zur menschlichen Ernährung bei und dienen meistens der Aufnahme und Bindung von Nährstoffen. Auch schon vor den Regelungen der GAP zu ökologischen Vorrangflächen haben viele Landwirt*innen Zwischenfrüchte als festen Bestandteil ihrer Fruchtfolgen angebaut.
Natürlich muss auch der Anbau von Eiweißpflanzten gefördert werden, dazu hat Deutschland eine Eiweißstrategie besprochen. Die Gründe für den geringen Anbau an Eiweißpflanzen waren in den letzten Jahren, dass diese Pflanzen schlecht zu verkaufen waren und es kaum Fortschritt bei der Züchtung gab. Hier besteht Handlungsbedarf. Leguminosen sollten ein Teil der Fruchtfolge sein, da sie viele positive Effekte haben, wie zum Beispiel die natürliche Bindung des Stickstoffs aus der Luft. Der Anbau darf allerdings nicht auf Flächen erfolgen, die zum Schutz der Natur zur Verfügung stehen soll.
Nein. Es gibt keinerlei Hinweise, dass die Nahrungsmittelproduktion in der EU wegen der Corona-Krise in Gefahr ist. Die Probleme, mit denen die Landwirtschaft momentan zu kämpfen hat, sind eher logistischer Natur, wie etwa der Mangel an Saisonarbeitskräften oder der Wegfall von wichtigen Absatzmärkten wie Gastronomie oder Lebensmittelindustrie.
Die Klima- und Artenkrise sind dagegen eine echte Bedrohung für die Produktion selbst. Der Dürresommer 2018 hat uns dies deutlich vor Augen geführt. Wir sollten deshalb nicht riskieren, nach Corona als Gesellschaft durch bloße Untätigkeit schon bald in die nächste Krise schlittern.
Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt aktuell bei:
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Um das dramatische Artensterben in der Agrarlandschaft zu stoppen, brauchen wir eine neue EU-Agrarpolitik. Unsere Kernforderungen: 10 Prozent der Betriebsflächen für die Artenvielfalt, 15 Milliarden reserviert für besondere Naturschutzleistungen und ein umweltverträglicher Umbau der Landwirtschaft statt pauschaler Flächenprämien. Mehr →
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