forsa-Umfrage: 68 Prozent der Landwirte sind unzufrieden mit der EU-Agrarpolitik - Grafik: NABU
Umfrage: Mehr als zwei Drittel der Landwirtinnen und Landwirte wollen andere EU-Agrarpolitik
Zeit ist reif für einen Kurswechsel
Im Auftrag des NABU hat das Meinungsforschungsinstitut „forsa“ eine Befragung von Landwirtschaftsbetrieben in Deutschland zur zukünftigen Ausrichtung der deutschen und europäischen Agrarpolitik durchgeführt. Befragt wurden insgesamt 301 Personen, die einen landwirtschaftlichen Hof oder Betrieb bewirtschaften.
Ziel der Befragung war es unter anderem zu ermitteln, wie zufrieden die Landwirtinnen und Landwirte mit der derzeitigen EU-Agrarpolitik sind, an welchen Kriterien sich die zukünftige finanzielle Förderung der Landwirtschaft ausrichten soll und welche Fördersysteme innerhalb der gemeinsamen EU-Agrarpolitik dabei bevorzugt werden.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
- 91 Prozent der Landwirtinnen und Landwirte wünschen sich eine bessere Förderung von tierfreundlicher Viehhaltung.
- 87 Prozent sind bereit, künftig mehr für den Naturschutz zu tun – sofern sie hierfür eine angemessene Förderung erhalten.
- 83 Prozent wollen eine Produktion mit hohen Umweltstandards.
- Fast jeder zweite Betrieb (44 Prozent) kann sich ab 2030 eine Abschaffung der pauschalen Direktzahlungen vorstellen, sofern umweltfreundliches Arbeiten stärker als bisher gefördert wird.
- Nur 39 Prozent der Betriebe sprechen sich für gleichbleibende pauschale Flächenprämien bei niedrigen Natur- und Tierschutzauflagen aus.
Landwirtschaft offen für Kurswechsel
Die forsa-Umfrage zeigt deutlich, dass Deutschlands Landwirtschaft offen ist für einen Kurswechsel. Denn ebenso wie die Wissenschaft oder der Bundesrechnungshof kritisieren auch die deutschen Landwirtinnen und Landwirte das jetzige Fördersystem mehrheitlich. Ein System, das vor allem Flächenbesitz belohnt, Betriebe zu immer intensiverer Produktion zwingt und in dem die Natur unter die Räder gerät, ist nicht mehr zu rechtfertigen – zumal es die Steuerzahler fast 60 Milliarden Euro im Jahr kostet. Die landwirtschaftlichen Betriebe wollen eine EU-Agrarpolitik, die Naturverträglichkeit belohnt und in den Wandel hin zu fairen Preisen investiert.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Die Mehrheit der Landwirtinnen und Landwirte stellt der Bundeslandwirtschaftsministerin bislang kein gutes Zeugnis aus. Zwei Drittel zeigen sich mit ihr unzufrieden.
Auch ihre größte Lobbyorganisation, den Deutschen Bauernverband (DBV), beurteilen die Landwirtinnen und Landwirte kritisch. Für mehr als die Hälfte der Befragten ist der DBV aktuell kein guter Vertreter des Berufssstandes gegenüber der Politik.
Mehr Geld für die Honorierung von Naturschutzleistungen
Der NABU sieht sich durch die Umfrageergebnise in seiner Forderung nach einem grundlegenden Kurswechsel in der Agrarpolitik bestätigt. 87 Prozent der Landwirtinnen und Landwirte äußern ihre klare Bereitschaft, mehr für den Naturschutz zu tun – sofern sie hierfür eine angemessene Förderung erhalten. Dafür muss Agrarministerin Klöckner aber Geld bereitstellen, denn freiwillige Leistungen sind nicht gleichbedeutend mit gratis.
Hälfte der Landwirte will keine pauschalen Flächenprämien mehr
Mehr als jeder zweite kleinere landwirtschaftliche Betrieb mit einer Fläche unter 50 Hektar spricht sich für das Auslaufen der pauschalen Flächenprämien ab dem Jahr 2030 aus (55 Prozent). Sie tun dies deutlich häufiger als große Betriebe. Dieses Ergebnis zeigt auch, dass Frau Klöckners bisherige Behauptung, die Direktzahlungen seien unverzichtbar für die Landwirtschaft, nicht zutrifft. Denn lediglich 39 Prozent wünschen sich gleichbleibende pauschale Flächenprämien bei niedrigen Natur- und Tierschutzauflagen.
Nun ist es an der Bundesregierung und besonders an Agrarministerin Klöckner, die Interessen der Landwirtinnen und Landwirte in Brüssel oder in Luxemburg beim nächsten Agarrat am 15. April zu vertreten und sich endlich für eine längst fällige Wende in der europäischen Agrarpolitik stark zu machen.
Während andere EU-Staaten, darunter Frankreich und die Niederlande, in Brüssel verbindliche Mindestbudgets für den Umweltschutz fordern, schweigt sich Agrarministerin Klöckner dazu bisher aus. Das ist nicht im Sinne der deutschen Landwirtinnen und Landwirte, wie die Umfrage zeigt.
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