Bewässerung eines Erdbeerfeldes - Foto: Helge May
Landwirtschaft in der Klimakrise
Verursacherin und Leidtragende zugleich
Wetterextreme überraschen uns immer wieder – so kam es beispielsweise im Mai und Juni 2013 in mehreren Bundesländer zu erheblichen Schäden durch Überschwemmungen, Ende April 2017 richtete in Baden-Württemberg eine ungewöhnliche Kälteperiode starke Frostschäden an. Der Sommer 2003 ist zwar bislang noch immer der heißeste Sommer seit Wetteraufzeichnungen, doch haben die hohen Temperaturen im Zeitraum April bis Juli 2018 mit einem sehr warmen Spätfrühling und einem extrem heißen Sommer einen weiteren Rekord gesetzt. Viele Regionen Deutschlands litten und leiden in der Folge noch immer unter einer Rekord-Trockenheit.
Weshalb sind die jetzigen Klimaänderungen so problematisch?
Aber ist dieser Klimawandel wirklich so schlimm? Wir wissen, dass das Klima sich seit Millionen von Jahren immer wieder geändert hat. Besorgniserregend am jetzigen Klimawandel ist die Geschwindigkeit, mit der er sich vollzieht. Die weltweiten Land- und Ozean-Oberflächentemperaturen zeigen eine durchschnittliche Erwärmung von 0,85 Grad Celsius über den Zeitraum 1880 bis 2012, vergleichbare Veränderungen waren vorher über Jahrzehnte bis Jahrtausende nie aufgetreten.
Neben dieser Erderwärmung erleben wir auch eine Veränderung der Niederschlagsmengen und -intensität sowie eine Zunahme der Sturmstärken. Weitere Temperaturanstiege sind zu erwarten, ebenso Veränderungen der Niederschlagsverteilung und ein gehäuftes Auftreten von Extremereignissen. So sprechen viele inzwischen nicht mehr nur über einen Klimawandel, sondern verwenden den sehr viel treffenderen Begriff Klimakrise.
Die Wissenschaft spricht mit Blick auf langfristige Wettertrends schon seit langem von einem Klimawandel und immer weiter zunehmenden ungewöhnlichen Wetterereignissen. Dieser vom Menschen verursachte Klimawandel hat sich über die Jahrzehnte von einer Theorie zu einem harten Fakt entwickelt.
So wirken Methan, Lachgas und Kohlendixod
Seit der Industriellen Revolution vom Menschen verursachte Aktivitäten große Mengen von Treibhausgasen (THG) in die Atmosphäre frei. Die Sonnenstrahlung, die in Form von Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre zurückgestrahlt wird, wird von den Treibhausgasen reflektiert und bewirkt so eine Erwärmung und daraus resultierende Klimaveränderungen. Das Haupt-Treibhausgas ist dabei Kohlendioxid (CO2), aber auch Methan (CH4) und Lachgas (N2O) spielen eine bedeutende Rolle.
Treibhausgase aus der Landwirtschaft
Die größte Menge an Methan wird durch den Verdauungsvorgang von Wiederkäuern (Rinder, Ziegen, Schafe) sowie in Folge der Lagerung und Ausbringung von Mist und Gülle verursacht. Aus landwirtschaftlich genutzten Böden wird hauptsächlich Lachgas freigesetzt, dies überwiegend durch die Düngung mit mineralischem Stickstoffdünger, Gülle und Mist sowie durch pflanzlichen Dünger, beispielsweise Ernterückstände und Gärreste der Biogasproduktion.
Dazu kommen Treibhausgase, die offiziell nicht als landwirtschaftliche THG-Emissionen berücksichtigt werden, aber eigentlich zur landwirtschaftlichen Praxis gehören:
- der CO2-Ausstoß bei Kraftstoffeinsatz von landwirtschaftlichen Maschinen und Fahrzeugen (werden dem Energiesektor zugeschrieben)
- die Freisetzung von Kohlendioxid durch Entwaldung, um diese Fläche in Landwirtschaftsfläche umzuwandeln (wird der Forstwirtschaft/Landnutzung zugeschrieben)
- der C02-Ausstoß fossiler Brennstoffe sowie Lachgasemissionen bei der Herstellung von synthetischem Dünger (werden der Industrie zugeschrieben)
Treibhausgase sind unterschiedlich schädlich in ihrem Effekt auf die Erderwärmung. Um sie vergleichbar zu machen werden sie in Kohlendioxid-Äquivalente umgerechnet. Methan ist bei gleicher Menge etwa 23 mal, Lachgas etwa 300 mal so schädlich wie Kohlendioxid. Der landwirtschaftliche Ausstoß an Treibhausgasen besteht fast nur aus Methan und Lachgas, daher liefert der Agrarsektor den größten Beitrag zu den weltweiten, menschengemachten Nicht-CO2-Emissionen.
So wirkt sich die Klimakrise auf die Landwirtschaft aus
Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel bereits stark betroffen. In Deutschland deuten die Klimaprognosen vor allem auf höhere Temperaturen und eine veränderte Niederschlagsverteilung hin. Dabei scheint sich der Regen in den Winter zu verschieben und im Sommer wird es zu häufigeren Dürren, unterbrochen von Starkregenereignissen, kommen. Auch eine gehäufte Frühjahrstrockenheit ist zu erwarten. Die Winter werden milder und die Sommer heißer.
Dies bedeutet für die Landwirtschaft:
- eine Verschiebung der Anbaugebiete in Richtung Norden sowie veränderte Vegetations- und Wachstumsperioden von Pflanzen. Manche Pflanzen können hiervon profitieren, andere reagieren negativ.
- die stärkere Verbreitung von Pflanzenkrankheiten und bislang nur in wärmeren Gebieten heimischen Schädlingen. So sind im Verlauf bestimmter Krankheiten die befallenen Pflanzen weniger resistent gegenüber Wasser- und Temperaturstress und damit noch verwundbarer, umgekehrt wiederum durch Hitze und Wasserstress anfälliger für Krankheiten.
Die Folgen der Wetterextreme im Detail
Bei Trockenheit können sich Pflanzen über die Wurzeln nicht ausreichend mit Wasser versorgen, was eine verringerte Photosynthese zur Folge hat. Wachstum und Reife werden bis zum Totalausfall gehemmt. Sie können auch keine Nährstoffe mehr aufnehmen, so bleibt ausgebrachter Dünger wirkungslos.
Starkregen und Überschwemmungen tragen den fruchtbaren Boden ab (Bodenerosion). Wo bei Starkregen Staunässe vorkommt, werden Pflanzen beschädigt und die Bodenbearbeitung wird beeinträchtigt, was sowohl die Aussaat wie auch Düngung betreffen kann. Weitere Schäden wie Abknicken und Abbrechen von Pflanzenteilen oder die Entwurzelung von Pflanzen können durch Sturm und Hagel verursacht werden, Spätfrost kann Pflanzen im frühen Wachstumsstadium, Frühfrost das Erntegut beschädigen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erwartet, dass die Land- und Forstwirtschaft vor große Herausforderungen insbesondere durch Dürre, Hitze, Starkregen und Früh- und Spätfrost gestellt wird. Diese extremen Wetterereignisse werden regional unterschiedlich stark auftreten und sind schwierig vorherzusagen. So sind es nicht nur die zunehmenden Wetterextreme, sondern auch die Unsicherheit des örtlichen und zeitlichen Auftretens, die die Landwirtschaft belasten.
So kann die Landwirtschaft fit für den Klimawandel werden
Ein vorgelagerter und gleichzeitig der wichtigste Schritt ist die Bekämpfung der Ursache des Klimawandels – wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen verringern und gleichzeitig Kohlendioxid binden. Hand in Hand mit der Ursachenbekämpfung muss die Landwirtschaft sich allerdings auch an den bereits bestehenden Klimawandel anpassen und dafür sorgen, dass sie gegen extreme Wetterereignisse widerstandsfähiger wird. Sie muss mit dessen Störungen besser umgehen können, indem sie dem Extremwetter widersteht beziehungsweise sich von diesen schneller erholt.
Konkrete Maßnahmen, die zur besseren Anpassung an den Klimawandel beitragen
- Aufbau von Humus
- Konservierende Bodenbearbeitung
- Eine diverse Fruchtfolge
- Anbau eines Kultur- und/oder Sortenmixes (früh- und spätreife Sorten, Gemenge zum Beisipiel von Erbsen und Gerste mit unterschiedlicher Trockenanpassung)
- Wechselnde Bearbeitungsreihen
- Untersaaten und Zwischenfrüchte zur Bedeckung des Bodens (zusätzlicher Schutz vor Erosion und Nährstoffauswaschung)
- Verstärkte Anlage von Hecken zum Erhalt der Bodenfeuchte, Reduktion der Windgeschwindigkeit und der Erosion
- Ausbau der Möglichkeiten von Agrophotovoltaik (Effekt: Beschattung)
Übergeordnete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele und gleichzeitig Forderungen des NABU:
- Reduktion der Stickstoff-Überschüsse auf 50 Kilogramm je Hektar
- Gezielte Förderung des Ökolandbaus
- Reduktion der Tierbestände und des Konsums tierischer Produkte
- Steigerung der Güllevergärung in bestehenden Anlagen
- CO2-Bindung durch Humusaufbau
- Erhalt und Ausweitung des Dauergrünlands
- Wiedervernässung von Mooren
So ganz lässt sich der Klimawandel wohl nicht mehr aufhalten. Aber wir können die schlimmsten Konsequenzen verhindern, wenn auch die Landwirtschaft klimafreundlicher wird. Mehr →
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