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Jetzt spenden!Düngung aus den Fugen
Die Intensivtierhaltung belastet Böden und Grundwasser
Die Zeiten sind vorbei, als auf fast jedem Bauernhof fröhlich ein Hahn auf dem Misthaufen krähte. Hähne und Hühner bleiben im Stall, Misthaufen gibt es kaum mehr. Statt strohdurchsetztem Mist fällt in der Landwirtschaft heute flüssige Gülle an. Jedes Jahr fallen durch Rinder, Schweine, Hühner und Biogas-Gärreste davon etwa 200 Millionen Tonnen an.
Was ist Gülle?
Der Begriff „Gülle“ stammt aus dem Niederdeutschen und bedeutete ursprünglich so viel wie „Pfütze“ oder „Lache“. Heute versteht man unter Gülle eine Mischung aus Kot und Harn von landwirtschaftlichen Nutztieren wie Schwein, Rind oder Geflügel. Gülle besteht zum größten Teil aus Wasser, in dem sich gelöste Nährstoffe, organische Substanz und Mineralstoffe befinden. Die jeweiligen Anteile der Stoffe unterscheiden sich je nach Tierart.
Gülle liefert wichtige Hauptnährstoffe wie Stickstoff, Phosphat, Kalium und Magnesium. Zudem sind Spurennährelemente enthalten. Durch den Einsatz von Gülle können Pflanzen besser wachsen, es gibt höhere Ernteerträge. Zudem baut die in der Gülle enthaltene organische Substanz den Humusgehalt des Bodens auf.
Gülle ist Abfallprodukt und zugleich wertvoller Dünger – in Maßen. Aktuell sorgen die riesigen Mengen jedoch für Probleme. Der Grund: Der klassische Nährstoffkreislauf im landwirtschaftlichen Betrieb ist verloren gegangen. Ursprünglich fielen Mist oder Gülle im Stall an, wurden anschließend zwischengelagert und je nach Bedarf auf dem Feld ausgebracht. Pflanzen nahmen die Nährstoffe des organischen Düngers auf und die Ernte, die nicht in die Nahrungsmittel ging, wurde wiederum als Futter für die Tiere genutzt.
Futterimporte und Gülletourismus
Durch die industrielle Massentierhaltung ist das Gülleaufkommen nun viel größer – es gibt mehr Gülle, als von Böden und Pflanzen aufgenommen werden kann. Früher wurden vor allem Futtermittel von den eigenen Flächen eines Hofes verfüttert. Heute wird das Futter zum Großteil importiert. Soja zum Beispiel kommt aus den USA, Brasilien und Argentinien. Dieses Futter wird einerseits zu Fleisch und Milch „veredelt“, andererseits gehen viele der Nährstoffe über die Ausscheidungen der Tiere in die Gülle.
Eine der Folgen ist der sogenannte Gülletourismus. Überschüssige Gülle wird aus den Regionen mit Massentierhaltung zu landwirtschaftlichen Betrieben in anderen Regionen transportiert. Landwirte kassieren oft hohe Summen für die reine Entsorgung der Gülle. Als wäre das nicht genug, wird sogar Gülle aus dem benachbarten Ausland importiert, weil dort noch weniger Fläche zur Verfügung steht.
Nitrat und Antibiotika
Wird zu viel Gülle auf dem Feld ausgebracht, hat das gravierende Konsequenzen. So dringt immer mehr Gülle ins Grundwasser ein, wodurch der Nitratgehalt des Wassers ansteigt. In vielen Regionen wird der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser um ein Vielfaches überschritten. Zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität müssen Wasserwerke teure Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Kosten trägt der Verbraucher. So warnt das Umweltbundesamt vor einer möglichen Erhöhung der Trinkwasserpreise von bis zu 45 Prozent.
Neben der Nährstofffracht birgt das hohe Gülleaufkommen eine weitere Gefahr: Die Verteilung multiresistenter Keime. Die verbreitete Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung führt dazu, dass Bakterien Resistenzen bilden. Antibiotika-Medikamente werden dadurch wirkungslos. Durch den Einsatz von Gülle als Düngemittel bleiben resistente Keime nicht im Stall, sondern werden großflächig verteilt. Eine Analyse von Greenpeace ergab, dass Gülle eine erschreckend hohe Menge dieser Keime beinhaltet: Von 19 untersuchten Gülleproben wurden in 13 Proben Bakterien mit Resistenzen gegen eine oder gleich mehrere Antibiotikagruppen gefunden. Auf den Feldern wirken diese Bakterien auf Bodenorganismen ein und können ins Grundwasser gelangen.
Nährstoff-Überschüsse verringern
Ende Mai hat der Bundesrat die Düngeverordnung mit strengeren Regeln zur Verbesserung des Gewässerschutzes und der Luftreinhaltung verabschiedet. Für NABU-Landwirtschaftsexpertin Christine Tölle-Nolting ein Schritt in die richtige Richtung: „Grundsätzlich ist es gut, dass wir eine neue Düngeverordnung haben. Nun darf beispielweise nach Ernte der Hauptfrucht nur noch in Ausnahmefällen gedüngt werden. Da vor allem im Herbst ein Eintrag von Stickstoff in die Umwelt zu beobachten ist, besteht die Hoffnung, dass sich so der Eintrag reduzieren lässt. Die Verordnung geht aber nicht weit genug.“ Problematisch ist, dass noch immer Stickstoffüberschüsse von 50 Kilogramm pro Hektar erlaubt sind. Zur Reinhaltung des Grundwassers dürften die Überschüsse jedoch nur bei ungefähr 30 Kilogramm je Hektar liegen.
Um das Problem an der Wurzel zu greifen, müsste die Tierhaltung an die regional vorhandene Größe der Felder angepasst werden. „Der NABU fordert, dass man die Zahl der landwirtschaftlichen Nutztiere wieder an die Fläche koppelt“, berichtet Tölle-Nolting. Damit wäre der Weg zu einem geringen Gülleaufkommen geebnet, Gülle könne wieder direkt vor Ort sinnvoll als Pflanzendünger eingesetzt werden. Landwirtschaftliche Betriebe könnten den ursprünglichen Nährstoffkreislauf wieder aufnehmen.
Evi Matern
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