8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
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Jagd zwischen „Schädlingsbekämpfung“ und „edlem Waidwerk“
Nein, Verpachten kommt nicht infrage. Simon Grohe schüttelt den Kopf: „Bei der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe setzen wir ganz auf Regiebejagung. Wir beauftragen also Jäger beziehungsweise laden sie zur Jagd ein.“ Ein Problem bei der Verpachtung von Jagdrevieren ist die Laufzeit von mindestens neun Jahren. Außerdem ist „die Möglichkeit geringer, Jagdausübung als waldbauliches Handlungsinstrument einzusetzen und damit direkt Einfluss auf Waldentwicklung und die Jagdstrategie zu nehmen“, beschreibt es der Landesjagdverband Baden-Württemberg.
20.000 Hektar NABU-Naturschutzflächen
Die NABU-Stiftung gehört zu den großen Flächeneigentümern im Land. Die mittlerweile über 20.000 Hektar verteilen sich zwar auf bundesweit gut 300 Schutzgebiete mit zahlreichen Einzelparzellen. Die Mindestgröße von 75 Hektar für eine sogenannte Eigenjagd erreichen aber eine ganze Reihe Gebiete. Hier kann der NABU in Absprache mit den Behörden unmittelbar bestimmen.
„Wenn wir das Jagdregime übernehmen, gibt es zwei Sofort-Effekte: Die Wasservogeljagd wird beendet und es wird auf bleifreie Munition umgestellt“, erläutert Grohe. Etwas längerem Atem bedarf es beim bereits zitierten „Einfluss auf die Waldentwicklung“. Fast überall sind die Bestände von Hirschen und Rehen zu hoch, als dass wie gewünscht neuer Wald von alleine nachwachsen würde. Bis über veränderten Abschuss der Wildbestand dauerhaft sinkt und der Baumnachwuchs darauf reagiert, vergehen einige Jahre.
Der Naturverjüngung eine Chance
„Wir sind aber auf einem guten Weg“, freut sich Simon Grohe. Geholfen hat dabei auch ein zweijähriges Projekt, bei dem gefördert vom Bundesumweltministerium das Wildtiermanagement auf Flächen verschiedener Träger untersucht wurde. Für sich hat die NABU-Stiftung daraus naturschützerisch ausgerichtete Jagdkonzepte unter anderem für ihre Flächen am Wittwesee in Nordbrandenburg, am Heerter See bei Salzgitter, in der Franzigmark bei Halle und im Biesenthaler Becken nördlich von Berlin entwickelt.
Die Jagd stand in den letzten Jahrzehnten für vieles in der Kritik. Mal waren es die Jagdmethoden, mal die Fixierung auf Trophäen, die lange Liste der bejagten Arten wurde und wird infrage gestellt und auch, ob denn Jagd überhaupt noch zeitgemäß ist. All dies wird momentan von einem einzigen anderen Thema überstrahlt, dem sogenannten Wald-Wild-Konflikt.
Unsere Wälder leiden massiv unter dem Klimawandel. Um Schäden zu beheben und die Wälder fit für die Zukunft zu machen, müssen hunderttausende Hektar saniert oder komplett neu begrünt werden. Ob man hierfür Bäume nachpflanzt oder wie der NABU auf Naturverjüngung setzt: Wo zu viel hungriges Wild die Knospen abfrisst, hat der Waldnachwuchs keine Chance.
Die Politik verliert die Geduld
„Wir brauchen eine stringentere und zielgerichtetere Jagd“, macht die für den Wald ebenso wie für die Jagd zuständige Bundesministerin Julia Klöckner klar. Viele Jäger*innen befürchten nun, man wolle sie „zu Schädlingsbekämpfer*innen degradieren“, sehen das „edle Waidwerk“ in Gefahr. Dabei wird über zu hohe Wildbestände schon seit den 1970ern diskutiert. Allzu viel passiert ist seitdem nicht. Viele örtliche Abschusspläne sind entweder wenig ambitioniert oder es hapert bei der Umsetzung.
Der jüngste Entwurf zur Änderung des Bundesjagdgesetzes gibt ausdrücklich die „Naturverjüngung des Waldes im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen“ als Ziel aus. Zum einen wären kilometerlange Zäune viel zu teuer, zum andern würde das Absperren großer Flächen den Verbissdruck außerhalb des Zauns noch erhöhen. Damit das funktioniert, soll unter anderem beim Reh die bisherige Planwirtschaft entfallen. Waldeigentümer*innen und Jäger*innen müssen sich auf Mindestabschüsse verständigen, eine Obergrenze gibt es nicht mehr. Bleibt eine Einigung aus, kann die Jagdbehörde anhand von Verbissgutachten entscheiden.
Immer sind die Anderen schuld
Angesichts des verbreiteten Schwarze-Peter-Spiels zwischen Forst und Jagd verspricht die Umsetzung spannend zu werden. Die Forstpartie wirft der Jagd vor, zu sehr hinter Trophäen her zu sein, die Jagdpartie findet, der Forst sei wildfeindlich und denke nur an Holzzuwachs.
Gehören Äcker und Wiesen zum Revier, kommen noch die Landwirt*innen ins Spiel. Diese wollen mehr Schutz für ihre (Mais-)Äcker vor allem vor den Wildschweinen, die Jäger*innen wiederum kritisieren, dass Rebhuhn und Fasan unter der ausgeräumten Agrarlandschaft leiden. Dabei verlaufen die Konfliktlinien oft mitten durch die Köpfe der Beteiligten, denn die Förster*innen und viele Bäuer*innen sind gleichzeitig auch Jäger*innen.
Jagd in Bewegung
Dass Rehe und Hirsche dem Wald so zusetzen, liegt neben der guten Nahrungssituation in Feld und Flur auch an der Jägerschaft, deren selektive Bejagung und sogenannten Hegemaßnahmen oft auf einen möglichst großen Wildbestand abzielen. Gleichzeitig werden natürliche Feinde bekämpft und nicht nur im Winter wird immer wieder zentnerweise zugefüttert. Ob Jagdpächter*innen unwillig oder von der Aufgabe schlicht überfordert sind: Die langen gesetzlichen Vertragslaufzeiten machen es Grundbesitzer*innen schwer, darauf zu reagieren.
Fest steht, dass die Jagd sich bewegen muss – im wahrsten Sinne. Nur vom Ansitz aus sind die neuen Ziele nämlich nicht zu erfüllen. Effektiver sind Bewegungsjagden, bei denen Treiber das Revier durchkämmen und das Wild aufstöbern. Konsequent angewendet, muss dann auch nur an wenigen Tagen gejagt werden. Den Rest des Jahres herrscht Ruhe.
Helge May
Die Jagd steht für vieles in der Kritik. Mal sind es die Methoden, mal die Fixierung auf Trophäen, die Liste der bejagten Arten wurde und wird infrage gestellt und auch, ob denn Jagd überhaupt noch zeitgemäß ist. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger ist selbst Jäger und schildert seine Sicht. Mehr →
Der NABU hat seine Stellungnahme zur Änderung des Bundesjagdgesetzes vorgelegt. Der dringend notwendige Waldumbau hin zu Mischwäldern geht in die richtige Richtung. Inakzeptabel und unverständlich ist das im Gesetzesentwurf enthaltene Bleiminimierungsgebot. Mehr →
In seinem Positionspapier bekennt sich der NABU ausdrücklich zu einer naturverträglichen Jagd – vorausgesetzt, sie entspricht den Kriterien der Nachhaltigkeit und den ethischen Prinzipien. So muss das erlegte Tier zum Beispiel sinnvoll genutzt werden. Mehr →