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Mehr Informationen zur Patenschaft!NABU klagt gegen Bau von Nord Stream 2
Gaspipeline schädigt Meer und Klima
Update
Pipeline nicht mit deutschem Klimaschutzgesetz vereinbar - Klagen gegen Baugenehmigung noch nicht entschieden
07. September 2021 - Nach mehr als drei Jahren Bauzeit vermeldete die Nord Stream 2 AG die Fertigstellung der Gaspipeline in der deutschen Ostsee. Damit steht die Inbetriebnahme unmittelbar bevor. Unabhängig davon laufen Klagen des NABU und anderer Umweltverbände weiter, wird über Planungsfehler, Bedarf und fehlende Kompensation von Umweltschäden in der Ostsee gestritten.Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Nord Stream 2 wird mit seinem fossilen Erdgas die Klimaerhitzung weiter antreiben. Das Projekt ist mit dem deutschen Klimaschutzgesetz nicht vereinbar – vor allem nach dem richtungsweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Der Gashahn der Pipeline muss geschlossen bleiben. Vor Gericht wird erst noch entschieden, ob die Genehmigungen für den Bau überhaupt rechtskräftig sind. Trotz unserer anhängigen Klagen hat sich die Nord Stream 2 AG für einen Weiterbau auf eigenes Risiko entschieden. Das dürfte bei einem Stopp der Pipeline und möglichen Schadensersatzansprüchen noch relevant werden.“
55 Milliarden Kubikmeter Erdgas soll die Pipeline Nord Stream 2 pro Jahr von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern mitten durch die Ostsee transportieren. Mit dem Bau wurde im Mai 2018 begonnen, Fertigstellung war im September 2021. Von Anfang an bewertete der NABU das Projekt kritisch. Denn die Trassenführung durch fünf Meeresnaturschutzgebiete führt zu irreparablen Schäden der empfindlichen Meeresumwelt der Ostsee.
Nachdem das Bergamt Stralsund im Januar 2018 die Genehmigung zum Bau der Gaspipeline im Küstenmeer erteilte, hat der NABU im März des gleichen Jahres Klage am zuständigen Oberverwaltungsgericht Greifswald eingereicht. Der Grund: erhebliche Umweltauswirkungen in mehreren FFH- und Vogelschutzgebieten. Die Klage begründet sich darüber hinaus durch Fragen des Klimaschutzes und durch eine Reihe von Verfahrensfehlern.
Eine zweite Klage betrifft den Bau der Pipeline in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Gegen die dortige Genehmigung hatte der NABU bereits im Jahr 2018 Widerspruch beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eingelegt und nach der zweiten Änderungsgenehmigung zuletzt im März 2021 erweitert. Diesen Widerspruch hatte das BSH am 1. April 2021 abgewiesen. Deshalb blieb nur der Klageweg, um den Schaden an der Ostsee zu begrenzen und Nord Stream 2 zu Kompensationsmaßnahmen für Schäden an der Ostsee zu verpflichten.
Darum klagt der NABU
Nord Stream 2 verursacht Schäden in Meeresschutzgebieten.
In den deutschen Gewässern verläuft die Gaspipeline vollständig durch Meeresschutzgebiete des Netzwerks Natura 2000. Im Küstengewässer wurde der Meeresboden dazu bis zu 80 Meter breit aufgebaggert. Geschützte Lebensräume wie Makrophytenbestände und Steinriffe wurden zerstört, bedrohte Schweinswale, Flussneunaugen und Meeresenten gefährdet und vertrieben. Allein im Greifswalder Bodden und in der Pommerschen Bucht wurden 254 Tonnen bioverfügbaren Phosphors freigesetzt - noch mehr Nährstoffe für die ohnehin stark überdüngte Ostsee. Durch ein verstärktes Algenwachstum und notwendige Abbauprozesse können sich sauerstoffarme Todeszonen am Meeresboden ausbreiten.
Aus Sicht des NABU ist ein derartig dramatischer Eingriff in streng geschützte Lebensräume nicht zu rechtfertigen.
Das Genehmigungsverfahren war fehlerhaft.
Der gesamte Prozess der Planfeststellung entspricht nicht den Erwartungen des NABU an ein unabhängiges, behördliches Genehmigungsverfahren.
Aus dem Projekt der ersten Gaspipeline Nord Stream 1 fehlten große Teile der Monitoring-Unterlagen, auf die sich Nord Stream 2 beruft. So war es dem NABU und anderen Interessengruppen nicht möglich, die Umweltauswirkungen und die dem Monitoring zugrundeliegende fachliche Methodik nachzuvollziehen. Zudem sind Ergänzungen zum Projektantrag und wesentliche Planänderungen keiner vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Damit widerspricht die Genehmigung der geltenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das im Fall der Weservertiefung entsprechend geurteilt hatte.
Es gibt keinen Bedarf für eine weitere Pipeline.
Die erwarteten Umweltauswirkungen müssen im Genehmigungsverfahren sorgfältig gegen ein mögliches öffentliches Interesse am Bau der Pipeline abgewogen werden. Ein Gutachten einer Professorin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte bereits 2018, dass kein Bedarf an zusätzlicher Gasinfrastruktur besteht. Der Zubau weiterer Gasleitungen gefährde vielmehr die von Deutschland unterzeichneten Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und damit die Energiewende. Inzwischen zeigt uns auch die Realität, wie recht das Gutachten hatte und wie falsch die Nord Stream 2-Prognosen waren: Der Pipelinebauer hatte einen steigenden Gasbedarf und Versorgungslücken ab 2020 vorhergesagt. Beides ist nicht eingetreten. Ein aktualisiertes Gutachten des DIW aus dem Jahr 2021 erwartet zudem einen weiter abnehmenden Gasverbrauch. Angesichts eines fehlenden Bedarfs sind jedoch die massiven Umweltauswirkungen keinesfalls zu rechtfertigen.
Schäden an der Ostsee müssen durch echte Maßnahmen ausgeglichen werden.
Eingriffe in Ökosysteme müssen laut Naturschutzrecht vorrangig durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden. Das Bundesamt für Naturschutz hatte deshalb während des Genehmigungsverfahrens für Nord Stream 2 gefordert, geschädigte Riffe wiederherzustellen. Doch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat sich über diese Forderung der Fachbehörde hinweggesetzt. Nord Stream 2 soll sich stattdessen mit einem Ersatzgeld freikaufen können. Das wird dem kritischen Zustand der Ostsee keinesfalls gerecht.
Nord Stream 2 verstößt gegen Pariser Klimaziele.
Deutschland hat sich mit dem völkerrechtlich bindenden Klimaabkommen von Paris verpflichtet, seinen Beitrag zu leisten, um die globale Erhitzung auf 2 Grad, besser unter 1,5 Grad zu begrenzen. Das bedeutet: Für eine mittlere akzeptable Erwärmung von 1,75 Grad darf Deutschland seit dem Jahr 2020 maximal 6,7 Gigatonnen CO2 emittieren. Allein die Verbrennung des Gases der Nord Stream 2-Pipeline wird jährlich rund 0,11 Gigatonnen CO2 freisetzen. Über die gesamte Laufzeit von 50 Jahren werden demnach 5,5 Gigatonnen emittiert. Damit beansprucht die Nord Stream 2 fast das gesamte restliche CO2-Budget Deutschlands. Schon diese simple Rechenübung zeigt: Die Pipeline ist mit den Pariser Klimazielen nicht vereinbar. Die identisch große, schon bestehende Nord Stream 1 ist da noch gar nicht mitgerechnet, ebenso wenig wie die extrem klimaerhitzenden Methanemissionen, die bei Förderung, Transport und Verbrauch von Erdgas immer entstehen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt hat bei seiner Genehmigung aus NABU-Sicht auch gegen das deutsche Klimaschutzgesetz verstoßen. Die Behörde hat es verpasst zu prüfen, ob die Pipeline mit den Klimazielen vereinbar ist.
Was kann der NABU mit seiner Klage erreichen?
Nord Stream 2 muss zu echten Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet werden, um die beim Bau entstandenen Schäden an der Ostsee zu kompensieren. Auch wenn die Klage die Pipeline nicht verhindern konnte: Nord Stream 2 baut wegen des noch laufenden Verfahrens auf eigenes Risiko. Sollte die Klage erfolgreich sein, darf die Pipeline womöglich nicht betrieben werden. Das wäre eine gute Nachricht für den Klimaschutz, denn weitere Milliarden Kubikmeter billiges Gas blockieren die Energiewende und heizen den Klimawandel weiter an.
Drohen nicht hohe Schadenersatzforderungen, wenn die Pipeline nun gestoppt wird?
Der NABU hat fristgerecht bereits im Jahr 2018 Widerspruch und Klage gegen die Baugenehmigung eingereicht. Zwar war die Klage im Eilverfahren nicht erfolgreich, jedoch sind die Hauptsacheverfahren am OVG Greifswald und am VG Hamburg weiter anhängig. Das bedeutet: Nord Stream 2 hat von Anfang an auf eigenes Risiko gebaut, ist also bewusst das Risiko eingegangen, vor Gericht zu unterliegen und die Pipeline nie betreiben zu können. Bei einem Klageerfolg des NABU drohen deshalb keine Schadenersatzforderungen.
Der NABU hat sich von Anfang an gegen die Pipeline engagiert
Der NABU hat sich intensiv und kritisch in das Genehmigungsverfahren Nord Stream 2 eingebracht und bereits 2017 umfangreich Stellung genommen und sich intensiv am Erörterungstermin beteiligt.
Aber auch auf politischer Ebene war der NABU aktiv. Noch vor der Genehmigung wandten sich NABU und WWF sich im Januar 2018 in einem Offenen Brief an die Fraktionsspitzen der CDU/CSU und SDP und forderten sie auf, sich gegen Nord Stream 2 auszusprechen. Fast 4.000 Menschen unterzeichneten unseren Brief!
Auch Politiker der CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen des Bundestages und des EU-Parlamentes appellierten in einem gemeinsamen Brief an die Bundesregierung, die Entscheidung zu Nord Stream 2 in europäische Hand zu legen.
Massive Unterstützung bekam die Pipeline im Januar 2021 von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern. In einer Hauruck-Aktion, ohne die notwendige Ressortbeteiligung, holt sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig auf einer Sondersitzung von Kabinett und Landtag grünes Licht für eine Landeseigene „Stiftung Klimaschutz“, die „einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2“ leisten soll. Klimaschutz dient so als Feigenblatt für fossile Infrastruktur.
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AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde des NABU abgelehnt. Damit gräbt sich die Gaspipeline Nord Stream 2 weiter durch die Ostsee - ohne juristisch überprüfte Genehmigung. Mehr →
Einen Monat nach der Ablehnung des vorläufigen Baustopps von Nord Stream 2 durch das OVG Greifswald hat der NABU gegen diesen Beschluss Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Damit wird an höchster Stelle der effektive Rechtsschutz im Fall überprüft. Mehr →
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Die Baggerarbeiten für die Gaspipeline Nord Stream 2 haben zu massiven Verschmutzungen durch mineralölbasierte Schmierfette geführt. Im Greifswalder Bodden wurden Hunderte pinkfarbene Fettklumpen an die Strände gespült. Mehr →
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