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Jetzt NABU-Mitglied werden!Endlich da: Entwurf zum Wertstoffgesetz
Doch Anreize für eine geschlossene Kreislaufwirtschaft fehlen
Oktober 2015 – Der NABU begrüßt, dass es nach den längjährigen Vollzugstreitigkeiten in der Vergangenheit nun gelungen ist, der Öffentlichkeit einen Entwurf für das zukünftige Wertstoffgesetz zu präsentieren. Würden die Pläne für eine Wertstofftonne Wirklichkeit, könnten alle Bundesbürger in Zukunft ganz legal nicht nur Verpackungen, sondern auch wertstoffhaltige Produkte aus Metallen und Kunststoffen in der Tonne entsorgen und damit dem Recycling zuführen. Davon abgesehen, mangelt es im Entwurf an klaren und ambitionierten Vorgaben für die Kreislaufführung aller Wertstoffe und an Anreizen für die Vermeidung von Abfällen.
TV-Tipp
Unser NABU-Abfallexperte Benjamin Bongardt spricht im ZDF darüber, was Politik und Wirtschaft für ein verbessertes Kunststoffrecycling tun müssen.
„Zoff um den gelben Sack“ - ZDF planet e vom 1. November 2015: http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2586226/Zoff-um-den-gelben-Sack
Abfallvermeidung und Vorbereitung zur Wiederverwendung finden keine Beachtung
Im August dieses Jahres präsentierte die Bundesregierung ihre Fortschrittspläne für ein deutsches Ressourcenschutzprogramm, das die Priorität der Vermeidung von Abfällen und die Kreislaufführung der Produkte besonders hervorhob. Die selbst gesteckten Ziele für mehr Ressourcenschutz spiegeln sich allerdings nicht im Gesetzesentwurf wider. Bis auf allgemeine Anforderungen an Verpackungen vermisst man Hinweise darauf, wie Mehrweg- und andere Wiederverwendungslösungen gefördert werden können. Der NABU schlägt unter anderem eine fünfprozentige Quote der (Vorbereitung zur) Wiederwendung als ersten Impuls und wichtiges Signal für einen besseren Ressourcenschutz vor.
„Im Bereich der Getränkeverpackungen sieht der Entwurf die Kennzeichnung von Einweg- und Mehrweggetränken an den Regalen statt an den Getränkeverpackungen vor. So wird die in der Verpackungsverordnung formulierte 80 Prozent-Quote für umweltfreundliche Mehrwegflaschen und ökologisch vorteilhafte Einwegverpackungen nicht erreicht werden. Diese hohe Zielvorgabe muss sich dringend gesetzlich verpflichtend wieder im Wertstoffgesetz finden. Zur Erreichung ist die Einführung einer Getränkeverpackungssteuer, wie sie der NABU vorschlägt , dringend geboten.“
Recyclingquoten müssen an ambitionierte Sammelmengen geknüpft werden
Der NABU begrüßt, dass nach mehr als 15 Jahren der Bewegungslosigkeit die Recyclingquoten erhöht werden sollen. Die augenscheinlich hohen Recyclingquoten für die lizenzierten Mengen lenken aber davon ab, dass nur 50 Prozent (55 Prozent ab 2020) der tatsächlich gesammelten und damit entscheidenden Menge werkstofflich verwertet werden sollen. Höhere Quoten sind aus Umwelt- und Klimaschutzaspekten geboten und können aus technologischer Sicht leicht umgesetzt werden. Das Umweltministerium sollte hier den Vorschlägen seines Umweltbundesamts folgen und mindestens 65 Prozent als Minimum ansetzen und die Quoten als selbstlernende Quoten konzipieren. So kann ein Wettbewerb um umweltfreundliche Technologien gefördert und eine bessere Rückgewinnung von Rohstoffen gewährleistet werden.
Mit einer Mindesterfassungsmenge von 25 Kilo pro Einwohner pro Jahr geht das Umweltministerium zwar einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Da aber Verpackungen und stoffgleiche Nicht-Verpackungen in Zukunft gemeinsam gesammelt werden sollen, sind höhere Sammelmengen erreichbar und gesetzliche Vorgaben sollten auch hier selbstlernende Mengenvorgaben vorsehen.
Bessere Recyclingfähigkeit und höherer Anteil von Sekundärrohstoffen weiterhin nicht in Sicht
Besonders enttäuschend im neuen Entwurf sind die schwachen Anforderungen an recyclingfreundliche Verpackungen und wertstoffhaltige Nicht-Verpackungen. Die dualen Systeme werden dazu aufgefordert, im Rahmen der Lizenzentgeltbemessung die werkstoffliche Verwertbarkeit zu fördern. Unklar bleibt allerdings, wie das in dem Wettbewerbssystem zwischen den Systembetreibern funktionieren soll, wie Erfolge gemessen werden sollen und wie bei Untätigkeit sanktioniert wird.
Gar keine Anreize setzt der Entwurf, wenn es darum geht, recycelte Rohstoffe auch wieder im nächsten Herstellungsprozess einzusetzen. Ohne entsprechende Vorgaben für Produzenten und Handel wird sich die Qualität recycelter Rohstoffe nicht ändern und die Recyclingfreundlichkeit von Primärrohstoffen wird in der Designphase weiterhin keine Rolle spielen.
Handel und Hersteller sollen sich in Zukunft selber kontrollieren
Völlig unklar ist für den NABU, warum Hersteller und Handel sich bei der Lizenzierung ihrer Verpackungen und Produkte aus Kunststoff und Metall selbst kontrollieren sollen. Nichts anderes sieht der Entwurf bei der Einrichtung einer Zentralen Stelle vor, die nach den Plänen des Umweltministeriums in Zukunft alle Lizenznehmer registriert und kontrolliert. In den wichtigen Gremien dieser Stelle werden die staatlichen Vertreter nur eine Gastrolle einnehmen. Außerdem sollen die Lenker der Zentralen Stelle Mindeststandards zur Bemessung der Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen und wertstoffhaltigen Produkte veröffentlichen. Da sich Verpackungshersteller bisher noch nicht auf gemeinsame Mindeststandards einigen konnten, ist nicht nachzuvollziehen, wie dies nun im Rahmen einer Zentralen Stelle bewerkstelligt werden sollte. Es wird im Gesetzesentwurf auch nicht geklärt, ob sich die Marktteilnehmer überhaupt an diese Mindeststandards zu halten haben.
Jenseits des Wertstoffgesetzes: Müllverbrennungskapazitäten nicht aus dem Blick verlieren
Ganz unabhängig vom Entwurfstext bleibt klar: Ein Wertstoffgesetz kann seine volle Wirkung nur dann entfalten, wenn es den politischen Akteuren endlich gelingt, die Schließung von Siedlungsabfall- und Ersatzbrennstoffkapazitäten voranzutreiben und damit auch aus marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten mehr wertstoffhaltige Abfälle einer werkstofflichen Verwertung zukommen zu lassen. Denn nur so gelingt es, eine Investitionssicherheit für die Betreiber von modernen Sortier- und Verwertungsanlagen zu schaffen.
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