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Husmanns Brunnenschnecke im Porträt
01. Dezember 2008 - Ihre Lebensweise könnte exotischer nicht sein und doch sind sie mitten unter uns: Brunnenschnecken haben ihre ökologische Nische unterirdisch gefunden, im Grundwasser der Fluss-Schotter und der Karsthöhlen. Um auf die wenig bekannte Lebewelt des in seiner Ausdehnung riesigen, heute zunehmend bedrohten Biotops aufmerksam zu machen, wurde nun Husmanns Brunnenschnecke zum „Weichtier des Jahres 2009“ gekürt.
Die nur zwei Millimeter kleine Schnecke mit dem wissenschaftlichen Namen Bythiospeum husmanni kommt nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließlich im flussbegleitenden Grundwasserstrom der Ruhr in Nordrhein-Westfalen vor. Sie kann nur in extrem sauberem und gleichmäßig kühlem Grundwasser überleben. Ihr Vorkommen ist damit auch Indikator für die Unbedenklichkeit des Grundwassers zur Trinkwasserversorgung gewertet.
Seit ihrer Entdeckung haben die im Verborgenen lebenden Brunnenschnecken mehr Fragen als Antworten für die Wissenschaft parat gehabt. Es bleibt also noch großer Forschungsbedarf.
Zoologisch gehören die Brunnenschnecken zur Familie der Zwergdeckelschnecken, deren bekannteste Vertreter die im küstennahen Meer- und Brackwasser lebenden Wattschnecken sind. Die turmförmigen Gehäuse der Brunnenschnecken sind in frischem Zustand durchsichtig. Der durchscheinende Körper gliedert sich in den Eingeweidesack, einen Fuß zum Kriechen und Festheften und den Kopf mit zwei dünnen Tentakeln, an deren Basis einige weißliche Pigmentkörnchen die Stelle der zurückgebildeten Augen markieren. Die vordere Kopfpartie ist als rüsselartige Schnauze ausgebildet. Im hinteren Kopfbereich liegen als rote Flecken die beiden Zungenknorpel, an denen die Muskulatur der mit vielen Zähnchenreihen besetzten Reibzunge ansetzt. Damit schaben die Tiere organische Reste und Mikroorganismen wie Bakterien von den Steinen, auf denen sie kriechen.
Aufgrund ihres schwer zugänglichen Lebensraums blieben die Brunnenschnecken lange Zeit unbeachtet. Zunächst war man auf Exemplare und Gehäuse angewiesen, die aus Quellen an die Oberfläche gespült wurden. Erst 2004 und 2006 konnten Taucher in den Karsthöhlen der Schwäbischen Alb erstmals Brunnenschnecken in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Die Entdeckung der nun gekürten Bythiospeum husmanni ist noch keine 50 Jahre her. Die lebend gesammelten Exemplare stammten aus einem Siebbrunnen in der Ruhr-Aue bei Schwerte, südöstlich von Dortmund. Dazu kamen Tiere aus Peilrohren, die zur Kontrolle der Grundwasserspiegelschwankungen eingerichtet wurden. Benannt ist die Art nach ihrem Entdecker Siegfried Husmann.
Ein weiterer Nachweis gelang in den 1990ern Mitarbeiter der Universität Oldenburg aus Grundwasser-Proben des Wasserwerks Wickede-Echthausen, ebenfalls nahe Schwerte gelegen. 2004 konnte die Arbeitsgruppe Mollusken Nordrhein-Westfalen aus 10.000 Litern Grundwasser des gleichen Wasserwerks drei Jungtiere und ein ausgewachsenes Exemplar von Husmanns Brunnenschnecke herausfiltern. 2007 schließlich zeigten DNA-Analysen im Rahmen einer Diplom-Arbeit an den Universitäten Hohenheim und Stuttgart endgültig, dass die Brunnenschnecken aus dem Ruhrtal tatsächlich eine eigenständige Art darstellen. In der niederländischen Provinz Gelderland wurde Husmanns Brunnenschnecke zudem in prähistorischen und mittelalterlichen Ablagerungen des Rheins gefunden.