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Die Breitblättrige Stendelwurz ist Orchidee des Jahres 2006
Die Breitblättrige Stendelwurz - wissenschaftlich Epipactis helleborine - ist zur Orchidee des Jahres 2006 gewählt worden. Die Arbeitskreise Heimischer Orchideen (AHO) wollen damit darauf hinweisen, dass wegen Verschlechterungen der Lebensräume selbst recht häufige Arten wie die Breitblättrige Stendelwurz inzwischen lokal zurückgehen.
Tatsächlich gehört die Breitblättrige Stendelwurz zu den in der Fläche am weitesten verbreiteten Orchideen. In Deutschland kommt sie von der Küste bis zu den Alpen in fast allen Regionen vor. In Sachsen allerdings werden die Bestände als gefährdet eingestuft und auch in der norddeutschen Tiefebene und in Schleswig-Holstein verzeichnet man laut AHO Rückgänge. Das Gesamtareal bedeckt Europa mit Ausnahme des Polarkreises, Teile Nordafrikas sowie Klein- und Vorderasien bis nach Pakistan an den Rand des Himalaya - dort bis auf 4000 Meter Meereshöhe - , weiter nördlich bis Zentralsibirien.
Im Vergleich zu anderen Orchideen ist die Breitblättrige Stendelwurz recht wenig spezialisiert. Sie verträgt mehr Nährstoffe im Boden und kommt mit weniger Licht aus, als die meisten heimischen Erdorchideen. Hauptlebensraum sind Laub- und Mischwälder aller Art, vor allem Buchen- und Hainbuchenwälder; oft wächst Sie an lichten Waldwegen. Selbst in Nadelholzbestände dringt die Breitblättrige Stendelwurz gelegentlich ein, am anderen Rand des Spektrum gibt es zudem Wuchsorte auf Trockenrasen. Auch in Parks und parkähnlichen Friedhöfen findet man sie gelegentlich.
Die Breitblättrige Stendelwurz - auch als Breitblättrige Sumpfwurz oder Breitblättriger Sitter bekannt - wird im Normalfall etwa 80 Zentimeter groß, kann auf reichen Standorten aber auch mehr als einen Meter Höhe erreichen, als Kümmerform gerade mal einen knappen halben Meter. Namensgebend sind die kräftigen, breitblättrigen und dunkelgrünen Blätter, wobei die mittleren Blätter am größten werden. Der wissenschaftliche Artname bezieht sich ebenfalls auf die Blätter: Helleboros stand bei den alten Griechen für den Germer - zum Beispiel Weißer Germer Veratrum album in den Alpen -, der sehr ähnliche Blätter hat.
Die enormen Unterschiede der Erscheinungsform und der Standorte führen unter Botanikern immer wieder zu Diskussionen, ob es sich denn wirklich um die gleiche Art handelt. Gelegentlich werden Unterarten, Varietäten oder sogar ganz neue Arten benannt (E.h. distans auf Trockenstandorten, E.h. neerlandica an der Nord- und Ostseeküste, E.h. tremolsii rund ums Mittelmeer, E. orbicularis in Süd-Österreich). Erschwerend kommt hinzu, dass allgemein zwischen den heimischen Orchideen-Arten nur geringe genetische Fortpflanzungsbarrieren existieren. Bastarde zwischen zwei Arten, so genannte Hybride, gibt es deshalb zuhauf. Bei der Breitblättrigen Stendelwurz nachgewiesen sind Hybriden mit der Braunroten Stendelwurz (E. atrorubens), der Schmallippigen Stendelwurz (E. leptochila) sowie Müllers Stendelwurz (E. muelleri).
Wie von auch anderen Waldorchideen oder der Türkenbundlilie bekannt, werden Stendelwurz-Pflanzen gerne von Rehen verbissen, so dass nur ein kleiner Teil zur Blüte kommt. Die vergleichsweise späte Blütezeit von Epipactis helleborine reicht von Anfang Juli bis Ende August, wobei die Blütezeiten regional sehr unterschiedlich sein können - was wiederum über eventuelle Unterarten und Varietäten spekulieren lässt.
Die Blütenstände tragen ungefähr 15 bis 80 Einzelblüten. Diese wiederum haben die typische Form der meisten heimischen Orchideen mit drei äußeren und drei inneren Blütenblättern. Das zentrale innere Blütenblatt ist zu einer großen Lippe umgebildet. Bei der Breitblättrigen Ständelwurz erinnert die Lippe "an eine kleine weißliche Schüssel mit oliven bis braunen Inhaltsresten, die in der Sonne glänzen", so die AHO. Die Blütenblätter sind außen grünlich, innen mehr oder minder stark rötlich oder purpurn überlaufen.
Der Blütenstaub ist in Pollenpaketen versammelt, so genannten Pollinien. Schlüpfen Insekten auf der Suche nach Nektar in die Blüte, heften sich die mit Klebescheiben versehenen Pollenpakete auf deren Rücken oder Kopf. Besuchen die Insekten - bei der Breitblättrigen Stendelwurz meist Wespen - dann die nächste Blüte, tragen sie den Pollen genau zur Narbe und die Befruchtung findet statt.
Nach Ausreifen des kapselartigen Fruchtstandes wird der staubfeine Samen vom Wind bis zu zehn Kilometer weit verbreitet. Da die Samen keinerlei Nährstoffvorräte mit sich tragen, sind sie zur erfolgreichen Keimung auf bestimmte Pilze angewiesen, mit denen sie eine Symbiose eingehen. Die Pilze versorgen die Samen mit Wasser und Nährsalzen. Bis daraus blühfähige Orchideen erwachsen, vergehen mehrere Jahre. (elg)
Beitrag erstellt am 24. Oktober 2005.