Schmetterling, Käfer und Wildbiene haben eine unersetzliche Rolle in unserer Natur. Doch ihre Zahl geht immer mehr zurück. Helfen Sie mit einer Patenschaft, gegen das Insektensterben!
Jetzt informieren!Brummender Geweihträger mit Vorliebe für Eichensaft
Der Hirschkäfer im Porträt
Die Hirschkäfer kennt eigentlich jede*r. Sie sind bis zu neun Zentimeter groß und damit die größten Käfer in Mitteleuropa überhaupt. Nur die Männchen haben die gewaltigen, großen „Geweihe“, mit denen sie miteinander kämpfen. Die etwas kleineren Weibchen kann man aufgrund ihrer Größe von sechs Zentimetern trotzdem sofort als Hirschkäfer, wissenschaftlich: Lucanus cervus, erkennen.
Mit den „Geweihen“, den rund drei Zentimetern langen Oberkiefern, nehmen die Männchen keine Nahrung auf. Nur bei Rivalenkämpfen und zum Festhalten der Weibchen während der Paarung werden sie gebraucht. Die Hirschkäfer schwärmen von Mitte Juni bis Ende Juli an lauen Abenden mit lautem Brummen in Laubwäldern herum.
Sie lieben besonders alte Eichen. Männchen und Weibchen brauchen für die Reifung ihrer Keimzellen Baumsaft, der bestimmte Pilze enthält. Den finden sie an Wundstellen eines Baumes, der durch Frostrisse, Windbruch oder Blitzschlag verletzt worden ist. Der Saft aus solchen Baumwunden fließt häufig mehrere Jahre. Das Weibchen ist auch in der Lage, Wunden mit ihren kleinen, aber kräftigen Oberkiefern aufzubeißen. Für die Aufnahme von Säften sind Unterkiefer und Unterlippe des Hirschkäfers besonders ausgebildet: Sie sehen aus wie ein gefiedertes und gegabeltes Pinselchen, das gelb ist.
Zur Paarungszeit kommt es häufig zu Kämpfen zwischen zwei Männchen, die sehr imposant sind. Einer der Käfer wird vom Ast gestoßen. Der Sieger sucht danach das Weibchen an der Leckstelle auf. Er stellt sich über das Weibchen, wobei die Köpfe in die gleiche Richtung zeigen, und verhindert mit seinem Oberkiefer, dass das Weibchen wegläuft. Männchen und Weibchen bleiben in dieser Stellung unter Umständen mehrere Tage über der Leckstelle stehen und nehmen immer wieder Nahrung auf, bis es zur Paarung kommt.
Das Weibchen gräbt sich nach der Begattung 30 bis 50 Zentimeter tief in die Erde ein, um im Laufe von zwei Wochen 50 bis 100 weißlich gelbe Eier außen an morsche Wurzelstöcke, vor allem von Eichen, zu legen. Nach etwa 14 Tagen schlüpfen die Larven. Sie häuten sich zweimal und erreichen schließlich eine Länge von zehn bis zwölf Zentimetern, sind also größer als später die fertigen Käfer. Die Larven können knarrende Geräusche erzeugen, indem sie die Mittel- und Hinterbeine aneinander reiben. Zu welchem Zweck dieses Knarren erzeugt wird ist noch nicht geklärt.
Bundesweit stark gefährdet
Auf der bundesweiten Roten Liste wird der Hirschkäfer in der Kategorie 2 „stark gefährdet“ geführt. Als Gründe nennt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) vor allem „die Entnahme von Alt- und Totholz, den Einschlag von Altbäumen, die Anpflanzung standortfremder Arten, den ersatzlosen Verlust von Altbäumen zum Beispiel in Alleen und die Nutzungsaufgabe von Streuobstwiesen“.
Das BfN verweist darauf, dass die „forstwirtschaftliche Nutzung in bestehenden FFH-Gebieten oft mit den Erhaltungszielen für die Art in Widerspruch“ stehe. Um dem Hirschkäfer zu helfen, bedarf des dem „Schutz der Altholzbestände, speziell der Alteichen, innerhalb und im Umkreis der bekannten Vorkommensgebiete“ und der Erhöhung des Laubwaldanteils.
Als Teilmaßnahmen schlägt das BfN das Zulassen von Alters- und Zerfallsphasen „bei forstwirtschaftlich uninteressanten Einzelbäumen oder auf kleinen Teilflächen als potentiellen Brutbäumen“ vor. Alte Eichen mit Saftstellen sollten als Nahrungsgrundlage erhalten werden, gleiches gilt für aufrecht stehendes Totholz und Baumstümpfe als Larvenhabitat. Nach Baumfällungen sollte zudem der Kronenabbruch auf der Fläche belassen werden.
Die Larven ernähren sich von morschem, feuchtem und verpilztem Holz, das sie mit der Zeit zu Mulm abbauen. Nach fünf, manchmal auch erst nach sechs oder acht Jahren bauen sich die Larven in 15 bis 20 Zentimeter Tiefe eine Puppenwiege aus Erde und Mulm. Dieser Kokon ist oval und etwa faustgroß. Seine zwei Zentimeter dicken Wände sind innen mit Nahrungsbrei und Sekreten geglättet, die Pilze und Bakterien abtöten können.
Der Kokon der männlichen Larven ist wesentlich größer und vor allem länger als der des Weibchens. Das ist verständlich, denn für die Oberkiefer und für das Geweih braucht das Männchen Platz. Bei den Puppen sind die Oberkiefer noch an den Bauch angelegt. Etwa sechs Wochen nach der Verpuppung schlüpfen die Käfer, bleiben aber den Winter über im Boden. Erst im Frühjahr graben sie sich nach oben durch und leben dort nur wenige Wochen. Die meiste Zeit seines Lebens verbringt der Hirschkäfer also unter der Erde.
Der Hirschkäfer ist besonders geschützt, da er überaus selten ist. Wir haben ihm in den letzten hundert Jahren immer weniger geeignete Brutsubstrate gelassen. Auch an Saftleckstellen mangelt es. Die Hauptursache liegt in der Intensivierung der Forstwirtschaft und dem damit einhergehenden Verlust von Alt- und Totholz. Daher ist der Hirschkäfer in manchen Regionen bereits völlig verschwunden. Allerdings gibt es seit einigen Jahren Programme, die den Naturschutz in den Wäldern fördern sollen. Es sieht so aus, als könnten sich die Hirschkäfer wieder besser vermehren. Für eine endgültige Aussage ist es jedoch zu früh, da die Generationsfolge mit fünf bis acht Jahren sehr lang ist und merkbar mehr Tiere erst nach Jahrzehnten zu erwarten sind.
Im NABU-Schutzgebiet Schenkenberg in Thüringen wurde eine erste Hirschkäferwiege errichtet. Sie dient künftig Käferlarven als Kinderstube. 2015 erwarb die NABU-Stiftung fünf Hektar Wald am Schenkenberg, um den bedrohten Hirschkäfer zu schützen. Mehr →
Im Naturschutzgebiet Schenkenberg, 40 Kilometer südlich von Weimar, lebt der bedrohte Hirschkäfer. Im Herbst 2015 konnten wir dank unserer Spender dort fünf Hektar Wald für den König der Käfer kaufen. Mehr →
Um mehr über die Verbreitung in Thüringen zu erfahren, rufen der NABU Thüringen und das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz zur Hirschkäfersuche auf. Mehr →