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Jetzt NABU-Mitglied werden!Zweifelhafte Offshorewindparks
Gutachten offenbart massive Mängel bei der Genehmigungspraxis
03. Februar 2014 - Nach einem vom NABU veröffentlichten Rechtsgutachten gab es grobe Verstöße bei der Genehmigung mehrerer Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. Rechtsexperten des Instituts für Naturschutz und Naturschutzrecht Tübingen haben sich im Auftrag des NABU am Beispiel der vier genehmigten Parks „Butendiek, „Dan Tysk“, „Amrumbank West“ und „Borkum Riffgrund II“ mit der Verwaltungspraxis des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) auseinandergesetzt.
Fazit: Alle Genehmigungsbescheide weisen nach Meinung der Experten eklatante Versäumnisse in Bezug auf geltendes Naturschutzrecht auf und hätten in der vorliegenden Form nicht erteilt werden dürfen.
EU-Naturschutzrecht ignoriert
Die Vorgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) wurden in den Genehmigungsbescheiden unzureichend berücksichtigt. Artenschutz- und gebietsschutzrechtliche Bestimmungen wurden umgangen und bestehende Wissenslücken stets pro Windparkbau interpretiert. Aus Gründen des Vorsorgeprinzips und der Rechtssicherheit müssen Bauvorhaben jedoch dann untersagt werden, wenn eine fehlende Datengrundlage verhindert, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Arten und Lebensräume nicht ausgeschlossen werden können.
Trotz dieser Wissenslücken wurden die Genehmigungen aber erteilt. Darüber hinaus wurden kritische Stellungnahmen der Naturschutzbehörden ignoriert und die kumulativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt nicht genügend bewertet.
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Sündenfall Butendiek
Den Windpark „Butendiek“ westlich von Sylt ist naturschutzfachlich besonders umstritten. Das Baugebiet liegt inmitten zweier Natura-2000-Gebiete, dem FFH-Gebiet „Sylter Außenriff“ und dem Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“. Der Streit um Butendiek belastet nach NABU-Meinung die gesamte Entwicklung der Offshore-Windkraft in Deutschland. Es ist der Sündenfall in einer unzureichenden Gesamtstrategie für Windenergie vom Meer. Schon 2002 wollte der NABU „Butendiek“ verhindern, scheiterte aber daran, dass das damalige Bundesnaturschutzgesetz die Klagemöglichkeiten von Umweltverbänden in der Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ) nicht zuließ. Das hat sich heute geändert.
Schweinswale und Seetaucher bedroht
Das Baugebiet liegt im wichtigsten Lebensraum für Schweinswale in der südlichen Nordsee. Hier werden im späten Frühjahr die Kälber geboren, verbringen diese ihre ersten Lebensmonate. Jetzt aber sollen dort Fundamente errichtet werden, deren Rammungen Spitzenschallpegel von bis zu 200 Dezibel erreichen. Schweinswale sind auf ihr intaktes Gehör angewiesen, sie navigieren mithilfe der sogenannten Echolokation.
Ab einem Schallpegel von 160 Dezibel droht ihnen eine zeitweise Schwerhörigkeit. Schon unterhalb von 140 Dezibel weichen sie aus und fliehen. Zwar will die Betreibergesellschaft WPD technischen Schallschutz und akustische Vergrämer einsetzen, damit sich keine Wale zur Zeit der Rammung im Baugebiet aufhalten. Aber schon der Einsatz dieser sogenannten Pinger und Seal-Scarer konterkariert nach NABU-Meinung die Ziele der FFH-Richtlinie – erst werden Schutzgebiete für Wale eingerichtet, und wenn darin gebaut werden soll, werden sie wieder verjagt!
Aber nicht nur Schweinswale sind bedroht. Auch für die seltenen Stern- und Prachttaucher ist das Gebiet ein wichtiges Rast- und Überwinterungsgebiet. Sie sind sehr störanfällig, meiden Windparks großräumig und verlieren so dauerhaft weite Teile ihres Lebensraums. Das Rechtsgutachten ermittelte dazu einen Verlust von etwa drei Prozent der Schutzgebietsfläche, Wissenschaftler halten jedoch lediglich einen einprozentigen Flächenverlust für tolerabel.
Naturverträglicher Ausbau noch in weiter Ferne
Der NABU setzt sich für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende im Stromsektor ein und hält in diesem Rahmen auch einen naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windkraft für erforderlich. Die Reduktion der geplanten Kapazitäten für Windräder auf dem Meer auf 6,5 Gigawatt Leistung bis 2020 durch die Bundesregierung sieht der NABU daher als Chance, kritische Projekte auf den Prüfstand zu stellen und ein räumliches Gesamtkonzept für den weiteren Ausbau zu entwickeln.
Schon jetzt sind allein in der Nordsee in der AWZ 28 Parks mit fast 10 Gigawatt genehmigt. Sollten Windparks wie „Butendiek“ entgegen der naturschutzfachlichen Meinung und gegen geltendes Umweltrecht realisiert werden, ist der NABU bereit alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und so den drohenden Umweltschaden zu verhindern.
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