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Jetzt NABU-Mitglied werden!Populismus – eine Gefahr für den NABU?
Darum sind unser Engagement für Natur und Umwelt, unsere Grundwerte und die Zivilgesellschaft bedroht






Durch populistische Strömungen in unserer Gesellschaft sehen wir unsere fachliche Naturschutzarbeit, unsere Grundwerte und den NABU als Verband grundsätzlich gefährdet. Deshalb ist es uns wichtig, klar Stellung zu beziehen und zu begründen, warum populistische Deutungen im Widerspruch zu unseren Zielen stehen. Denn mitten in der Klima- und Naturkrise und angesichts vielfältiger Angriffe auf unsere Demokratie brauchen wir einen starken, demokratischen und solidarischen Zusammenhalt, um den notwendigen Wandel gemeinsam zu gestalten.
Der NABU ist offen für ein breites Spektrum politischer und gesellschaftlicher Vorstellungen über die Zukunft unseres Landes. Was uns eint, ist die gemeinsame Sorge um den Zustand der Natur, der Arten, der Umwelt und des Klimas in der Welt, in der wir leben.

Der NABU bekennten sich zu Menschlichkeit, Weltoffenheit, Toleranz und Diversität - Foto: Marcel Gollin
1. Warum wir uns mit dem Populismus von rechts und links auseinandersetzen müssen
Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, den im Grundgesetz verankerten demokratischen Rechtsstaat mit seinen Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten zu verteidigen, aber auch die Demokratie im Sinne der gemeinsamen Teilhabe an Entscheidungen weiterzuentwickeln. Als Ehrenamtsorganisation wollen wir ein Vorbild für ein werteorientiertes, demokratisches Handeln in der Zivilgesellschaft sein.
Zur Umwelt- und Naturschutzarbeit des NABU gehören auch die Auseinandersetzung mit politischen Botschaften und Zielen sowie die Kommentierung gesellschaftlicher Entwicklungen, die den NABU und seine Themen betreffen. Im Folgenden erläutern wir daher näher, warum wir uns als Umweltverband mit diesem Thema auseinandersetzen müssen und woraus wir unsere Position zum Populismus ableiten.
Für den NABU sind derzeit vor allem Angriffe von rechtspopulistischer und rechtsextremer Seite problematisch, wie wir nachfolgend zeigen werden. Rechtspopulismus und Rechtsextremismus sind inhaltlich anti-pluralistisch, anti-humanistisch, anti-aufklärerisch – und in der Verfolgung ihrer Ziele offen oder versteckt anti-demokratisch. Zudem schüren sie permanent Ängste vor notwendigen Veränderungen. Als NABU suchen wir nach guten Lösungen für komplexe gesellschaftliche Fragen. Dazu benötigen wir Mehrheiten in demokratischen Prozessen. Wo diese Prozesse nicht gut funktionieren, üben wir lösungsorientierte Kritik und schlagen Veränderungen vor. Ungerechtfertigte Schuldzuweisungen aber helfen Natur und Umwelt nicht.
2. Darum ist die fachliche Naturschutzarbeit des NABU gefährdet
Unsere Arbeit ist wissenschaftsbasiert
Für den NABU ist wissenschaftsbasierte Sacharbeit die Richtschnur seines Handelns. Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft – auch wenn sie von einer großen Zahl von Wissenschaftler*innen anerkannt sind – werden von Populist*innen jedoch häufig nicht nur geleugnet oder ignoriert, sondern auch polemisch interpretiert, unterstützt durch „Fake News“, die abwegige Deutungen liefern. Diese dienen jedoch nicht der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, sondern der kommunikativen Diskreditierung unliebsamer Ergebnisse. Mit einer vorurteilsfreien, logischen und an wissenschaftlicher Methodik orientierten Bewertung hat diese spezielle Interpretation der Realität wenig zu tun. Deshalb soll nach dem Willen von Populist*innen die für den öffentlichen Disput wichtige, unabhängige „Faktenprüfung“ keine staatliche Finanzierung mehr erhalten.
Was ist Populismus?
Populismus ist eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen. Als Populismus bezeichnet man eine politische Grundhaltung, die in radikaler Opposition zu den herrschenden politischen und gesellschaftlichen Eliten steht und für sich selbst reklamiert, den „wahren“ Volkswillen zu erkennen und zu vertreten. Kern dieser Haltung ist die Abgrenzung des moralisch guten, tugendhaften Volkes von den als korrupt und selbstsüchtig bezeichneten Vertretern der sogenannten Eliten.
Wer aber mit dem Konstrukt argumentiert, selbst derjenige zu sein, der für das vermeintlich machtlose Volk spricht und dessen Interessen gegen „die Eliten“ zu verteidigt, für den ist der Schritt nicht mehr weit, notfalls auch mit Gewalt zu agieren oder die grundgesetzliche Verfassung unseres Staates anzugreifen. Demokratische Prozesse werden dann in Frage gestellt oder grundsätzlich abgelehnt. Auch dies überschreitet die Grenzen unserer Grundordnung.
Für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen
Vielen von uns fällt es zunehmend schwer, sich in einer immer komplexer werdenden und sich immer schneller verändernden Welt zurechtzufinden. Da ist es leichter und auch verständlich, dass Menschen sich angesprochen fühlen, wenn ihnen einfache und plakative Antworten auf schwierige und drängende Zukunftsfragen angeboten werden. Deshalb üben die einfachen Antworten des Populismus auf die komplexen Fragen unserer Gesellschaft eine große Anziehungskraft aus.
Besonders attraktiv können solche Vereinfachungen sein, wenn gleichzeitig die vermeintlich Schuldigen für das jeweilige Problem präsentiert werden. Und das sind für Populist*innen eben häufig Eliten, Minderheiten oder als „extremistisch“ dargestellte Organisationen der Zivilgesellschaft wie der NABU.
Uns Naturschutzmacher*innen ist klar: Diese simplen, einseitigen Antworten greifen zu kurz. Und sie machen die Welt einfacher, als sie ist. So verlockend es auch sein mag, in ein „Schwarz-Weiß“-Denken zu verfallen – die komplexen Probleme wie die Natur- oder Klimakrise, vor denen wir tatsächlich stehen, werden wir so nicht lösen können. Der Weg zurück in ein verklärtes „Gestern“ ist gerade im Umwelt- und Naturschutz nicht gangbar. Vielmehr müssen wir uns für eine bessere Zukunft in einer rechtsstaatlichen, demokratisch organisierten Gesellschaft einsetzen. Dazu gehört auch, „Andersdenkende“ zu überzeugen, um notwendige Mehrheiten für eine bessere Zukunft zu gewinnen.
Im Folgenden nennen wir einige Beispiele, wie sich rechtspopulistische Gruppierungen wie die AfD zu Themen des Natur- und Umweltschutzes positionieren. Die zu Grunde gelegten Äußerungen stammen aus verschiedenen programmatisch-inhaltlichen Festlegungen, insbesondere in entsprechend ausgewerteten Partei- und Bundestagswahlprogrammen.
Beispiele rechtspopulistischer Positionen im Natur- und Umweltschutz
Klimaschutz
Maßnahmen zum Klimaschutz lehnt der Rechtspopulismus ab. Klimaschutz wird als „wirtschaftlich und sozial schädlich“, „unnötig“ und „ideologiegetrieben“ dargestellt. Die Laufzeit der Kohlekraftwerke soll verlängert werden und ein Wiedereinstieg in die Nutzung der Kernenergie erfolgen. Rechtspopulist*innen setzen auf ein weitgehend unbegrenztes Wirtschaftswachstum: hier zeigt sich eine deutliche Schnittmenge mit dem Neoliberalismus, der allein auf Marktkräfte setzt und staatliche Eingriffe ablehnt. „Auf breiter Front“ soll dafür dereguliert und „Bürokratie abgebaut“ werden. Erwartbar wären davon vor allem Umwelt- und Naturschutzauflagen massiv betroffen.
Entsprechend lehnt die AfD den „Green Deal“ der EU als Teil einer „Großen Transformation“ (The Great Reset) vehement ab. Darunter werden – durch Populisten stark verschwörungsmythisch aufgeladen – angebliche Weltherrschaftspläne einer mächtigen Finanz- und Polit-Elite zur Deindustrialisierung der Bundesrepublik zusammengefasst. Tatsächlich will die EU mit dem „Green Deal“ aber bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Das wirtschaftliche Wachstum soll sich von der Ressourcennutzung entkoppeln. Biodiversität und Ökosysteme sollen besser geschützt sein.
Naturschutz
Die meisten Maßnahmen für mehr Natur- und Artenschutz werden von Populisten als nur „ideologisch begründet“ abgelehnt - und damit jeder naturschutzfachlichen Bewertung entzogen. Die Nutzungsinteressen von Landwirtschaft, Forst und Fischerei werden programmatisch unreflektiert übernommen und sind so dominant.
Konkret lehnt die AfD für die Ostsee zum Beispiel ein Verbot der Stellnetzfischerei, das der NABU zum Schutz von Seevögeln und Schweinswalen in den Meeresschutzgebieten fordert, und die Ausweitung der Naturschutzkernzonen ab. Warum dies aber „im Sinne des Naturschutzes“ sein soll, bleibt ein Rätsel.
Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird als „Verordnungswahn“ abgelehnt, mit der die EU aber gerechte Einkommen für Landwirte, Klimaschutzmaßnahmen, Erhaltung von Landschaften und biologischer Vielfalt sowie Förderung lebendiger ländlicher Gebiete sicherstellen und fördern will.
Pestizide
Der Schutz der Umwelt vor Pestizideinträgen wie Glyphosat wird abgelehnt. Die EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln „gehört ersatzlos abgeschafft“.
Landwirtschaft
Das Natur-Wiederherstellungsgesetz der EU (Nature Restoration Law) wird abgelehnt, weil es angeblich „radikal in die Eigentumsfreiheit der Bauern“ eingreift. Statt rechtlicher Vorgaben sollen lediglich finanzielle Anreize geschaffen werden.
Aus ähnlichen Gründen klagte die AfD gegen das bayerische Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Sie hatte beantragt, die aus dem Volksbegehren resultierenden Gesetze und damit zahlreiche Regelungen zum Natur- und Artenschutz sowie zur Landwirtschaft für nichtig zu erklären. Neben formalen Mängeln sah die AfD das Grundrecht auf Eigentum verletzt, da den Landwirt*innen vorgeschrieben werde, was sie auf ihrem Land machen sollen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wies die Klage in allen Punkten ab. Die Auflagen für die Landwirtschaft zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt seien „legitim und verhältnismäßig“. Das Vorgehen der AfD gegen das Ergebnis eines Volksbegehrens ist bemerkenswert, da der Populismus programmatisch eine ‚direkte Demokratie‘ fordert.
Düngeverordnung
Regelungen zum Eintrag von Düngemitteln zur Sicherung der Qualität unserer Gewässer werden weitestgehend abgelehnt oder unter starken wirtschaftlichen Vorbehalt gestellt: „Die verschärfte neue Düngeverordnung widerspricht (…) der guten landwirtschaftlichen Praxis und gefährdet den Anbau von Kulturpflanzen mit hohem Nitratbedarf, wie z. B. Kartoffeln, Getreide und Mais. Die AfD fordert die Revision der Düngeverordnung, die Aufhebung der pauschalen Reduktion der Düngemengen und die präzise Ermittlung von Eintragsquellen nach dem Verursacherprinzip unter Beachtung von Kostenwirksamkeit und Verhältnismäßigkeit.“ Die derzeitigen Düngeregeln verursachen danach – entgegen jeder naturwissenschaftlichen Erkenntnis – „massive ökologische Probleme“.
Umweltstandards
Das EU-Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards wird als unnötiges „Bürokratiemonster“ bezeichnet und abgelehnt.
Ökologisch bauen
Öko-Standards für ein umwelt-, natur- und klimafreundliches Bauen werden abgelehnt, ebenso wie die kommunale Wärmeplanung (WPG) und das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Deren relevante Auswirkungen auf den Klimaschutz werden ignoriert.
Verkehr
Die Verkehrswende hin zu einer umweltfreundlichen Mobilität wird als „Umerziehung“ abgelehnt, ebenso wie die Einrichtung von Sonderfahrspuren für klimafreundliche Mobilitätsformen und Tempo-30-Zonen. Elektromobilität und deren Ladeinfrastruktur sollen nicht mehr gefördert werden. Populist*innen fordern „Freie Fahrt für freie Bürger“ und lehnen alle Beschränkungen aus anderen Gründen als der Verkehrssicherheit ab.
Tierschutz
Die populistischen Forderungen zum Tierschutz klingen zunächst sehr weitreichend: Grausame oder unnötige Tierversuche wurden zunächst strikt abgelehnt. In neueren Programmversionen fehlt diese Forderung. Die artgerechte Haltung von Tieren soll in der Landwirtschaft, im Zoo, im Zirkus, in Delphinarien und in der Haustierhaltung durchgesetzt werden. Es fällt jedoch auf, dass die vermeintlich weitreichenden Forderungen häufig lediglich das bereits bestehende Recht wiedergeben. Neue oder darüberhinausgehende Maßnahmen sind kaum vorgesehen. Im aktuellen Bundestagswahlprogramm ist der Tierschutz nicht mehr dominant vertreten.
Umwelt- und Naturschutz sind als Fazit also nur dann für den Rechtspopulismus bedeutsam, wenn sie in das populistische Weltbild passen.
3. Darum sind populistische Strömungen mit den Grundwerten des NABU unvereinbar
In ihren Satzungen bekennen sich NABU und NAJU zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Der NABU sieht seine Tätigkeit als „verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet den Mitgliedern unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Alter, Glaube, sozialer Stellung oder sexueller Identität einer Heimat.“ (NABU-Satzung in der Fassung vom 22. November 2022). Dieser Bezug auf den Kern unserer Verfassung ist zugleich das Wertefundament, auf dem der NABU steht. Für die Menschenrechte einzutreten, sich also gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Menschenhass zu wenden und Betroffene zu schützen, ist eine wichtige verbandliche Aufgabe. Mitglieder, die ein damit nicht vereinbares Verhalten zeigen, können folgerichtig aus dem Verband ausgeschlossen werden. Maßgeblich ist für uns die Orientierung an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie wir sie in der NABU-Bundessatzung festgeschrieben haben.
Eines der Merkmale des Rechtspopulismus, nämlich die Ausgrenzung von Menschen, widerspricht demnach unseren humanistischen Grundwerten. Der NABU wendet sich gegen ein Gesellschaftsbild, das auch seine Mitglieder und Mitarbeiter*innen, die die Vielfalt der Gesellschaft abbilden, drastisch in ihren Rechten beschneidet.

Lina Hähnle bei der Erledigung ihrer Korrespondenz, um 1930 – Quelle: Archiv Magda und Wilfried Knöringer
Auch vor dem Hintergrund seiner Geschichte, in der es zu einer zwar verzögerten, aber letztlich doch vollständigen Gleichschaltung des Verbandes und zum Ausschluss jüdischer Mitglieder kam, bekennt sich der NABU heute uneingeschränkt zu den individuellen Grundrechten aller seiner Mitglieder, Funktionsträger*innen und Mitarbeitenden.
Der NABU ist satzungsgemäß zur Überparteilichkeit verpflichtet. Diese parteipolitische Unabhängigkeit ist aber selbstverständlich an Werte gebunden. Und ebenso selbstverständlich beziehen wir klar Stellung, wenn diese Werte – egal von wem auch immer – angegriffen werden.
4. Darum ist das rechtsstaatliche Prinzip für uns wichtig
Angriff auf Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten – Natur ohne Rechtsschutz?
Ja, die Demokratie ist manchmal langsam in ihrer Entscheidungsfindung. Für manche Interessengruppen – wie auch für uns – manchmal zu langsam. Aus der Erfahrung heraus, dass nicht ausreichend durchdachte Strategien gerade im Natur- und Umweltschutz aber viel Unheil angerichtet haben, wurden Natur- und Umweltschutzrechte beschlossen. Das kostet manchmal Zeit, verringert aber das Risiko von Fehlentscheidungen.
Der Populismus interpretiert die notwendigen Aushandlungsprozesse legitimer Interessenperspektiven als Handlungsunfähigkeit des demokratischen Staates, oft verbunden mit einer Schuldzuweisung an die Eliten, die den Staat nur für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. „Bewundert“ werden populistische Autokratien wie China oder Russland, wo zum Beispiel Infrastrukturprojekte in kurzer Zeit durchgesetzt werden, ohne dass sie durch die Partizipationsmöglichkeiten einer rechtsstaatlichen Demokratie überprüft werden können. Dies ist aber nur dann effizient, wenn Geschwindigkeit das einzige Kriterium ist. Berücksichtigt man jedoch, dass das Ringen um einen Kompromiss zwischen widerstreitenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen auch zu einem Ergebnis führt, das tragfähiger ist und mehr Perspektiven berücksichtigt, wird der demokratische Entscheidungsprozess den sich ständig ändernden Rahmenbedingungen besser gerecht.
Gerade rechtsstaatliche Elemente wie die Beteiligungs- und Klagerechte von Verbänden werden vom Rechtspopulismus diskreditiert, um sie einseitig zu „reformieren“, das heißt, die Zugangsmöglichkeiten rechtlich einzuschränken. Damit soll die unabhängige gerichtliche Kontrolle von Regierungs- und Verwaltungsentscheidungen ausgehebelt werden – ein fundamentaler Angriff auf die sinnvolle Gewaltenteilung und die Partizipationsmöglichkeiten in einer Demokratie.
Der NABU hat in der Vergangenheit seine Beteiligungsrechte genutzt, um auf bestehende Mängel in Planungsverfahren hinzuweisen. Dies hat in vielen Fällen zu deutlichen Verbesserungen der Planungen geführt. Schäden an Ökosystemen und der biologischen Vielfalt konnten so verhindert oder zumindest in ihren Auswirkungen begrenzt werden. Die Bilanz zeigt, dass die Umweltverbände ihre Klagemöglichkeiten angemessen und effektiv nutzen, um Vollzugsdefizite abzubauen. Bei der Auswahl der Fälle wurde besonders auf die Erfolgsaussichten geachtet und vor allem bei gut dokumentierten Vollzugsdefiziten geklagt. So sind im langjährigen Durchschnitt rund 40 Prozent der Klagen erfolgreich. Gute Beispiele für fachlich notwendige Klagen sind die NABU-Klagen gegen die A20, gegen das LNG-Terminal auf Rügen und gegen einen Windpark in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Rechtsstaat als Garant für unsere Verbandsarbeit
Wenn Populist*innen - nicht nur in Europa - auf demokratischem Weg in die Regierung gewählt wurden und ungehindert agieren können, greifen sie die Grundpfeiler der Demokratie an: Die Rechtsstaatlichkeit wird durch Eingriffe in die Unabhängigkeit der Gerichte gefährdet, die Unabhängigkeit der Medien massiv angegriffen und die Rechte der Zivilgesellschaft werden bis hin zum Verbot unliebsamer Organisationen eingeschränkt.
Mit der institutionellen Gleichschaltung von Verfassungsorganen und Medien wird im autokratisch-populistisch regierten Russland seit dem Jahr 2015 auch die Arbeit internationaler NGOs drastisch eingeschränkt, bis hin zu deren Verbot als „unerwünschte ausländische Organisation“. Davon ist auch die internationale Arbeit des NABU betroffen. Die türkische Regierung unter Erdogan folgt aktuell diesem Beispiel, schränkt die Rechte von Organisationen der Zivilgesellschaft stark ein und verschärft deren Aufsicht unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung.
Aber auch in der EU gibt es eine Tendenz, dass populistische Regierungen Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung und die Meinungsäußerung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nehmen. Damit wenden sie sich klar gegen ein Markenzeichen der Demokratie und ein wichtiges Mittel der Bevölkerung, ihre Interessen unabhängig vom Regierungshandeln zu vertreten.
- Beispiel Ungarn: Hier müssen sich NGOs seit 2021 einer Prüfung durch den staatlichen Rechnungshof unterziehen, wenn ein bestimmter Zuwendungsbetrag aus dem Ausland überschritten wird. Aktuelle Pläne sehen ein zentrales „Büro zum Schutz der Souveränität“ vor, das auch gegen NGOs vorgehen soll, die sich mit politischen Äußerungen bei Wahlen positionieren.
- Beispiel Polen: 2017 verabschiedete das polnische Unterhaus ein umstrittenes Gesetz zur Arbeit von NGOs, das mit einem neuen „Nationalen Freiheitsinstitut“ die Finanzzuweisungen durch die Regierung steuern soll, die in Polen traditionell für Verbände eine stärkere Rolle spielen.
- Auch in Tschechien und vor allem in der Slowakei geht die Entwicklung in Richtung einer massiven Einschränkung der Rechte der Zivilgesellschaft.
- Die EU geht inzwischen dagegen vor und kürzt Zahlungen an Mitgliedsstaaten wie Ungarn, die starke Defizite im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zeigen.
Und auch in Deutschland gibt es besorgniserregende Entwicklungen: Ein Beispiel ist das offensichtlich diskreditierende Vorgehen der AfD gegen unliebsame zivilgesellschaftliche Organisationen. So werden kritische NGOs willkürlich dem „gewaltsamen Linksextremismus“ zugeordnet, um ihnen nicht nur öffentliche Zuwendungen zu entziehen, sondern sie auch zu verbieten. Dieses Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft ist bereits aus Russland, Ungarn, der Slowakei und der Türkei hinreichend bekannt.
Aber auch einige Reaktionen von Behörden – wie die Grundrechtseingriffe des LKA Bayern gegen Klimaaktivist*innen oder die verfassungsrechtlich fragwürdige Kritik des sächsischen Rechnungshofes an zivilgesellschaftlichen Förderprogrammen der Landesregierung – lassen die Frage aufkommen, ob dieses Verhalten nicht auch den Grundstein für ein verschärftes Vorgehen gegen kritische NGOs legen und dafür die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen ausloten soll. Es ist zu befürchten, dass auch ein Umweltverband wie der NABU bei einer Regierungsübernahme durch eine populistische Partei verstärkt unter öffentlichen und institutionellen Druck geraten würde.
Deshalb besteht unsere Aufgabe darin, uns klar gegen Angriffe auf Organisationen der Zivilgesellschaft zu stellen, damit die im Grundgesetz garantierte Organisations- und Meinungsfreiheit – auch für NGOs wie den NABU – nicht gefährdet wird. Populist*innen versuchen, NGOs zu entpolitisieren und zu diffamieren, um sie als gesellschaftlich wirksame Kräfte auszuschalten. Dazu wird von ihnen zwischen „politikfernen“ und „politiknahen“ oder „politisch aktiven“ NGOs differenziert und für letztere eine Nähe zu bestimmten Parteien und „Ideologien“ unterstellt. Pluralität in der Meinungsdarstellung wird so bereits als „verdächtig“ gebrandmarkt.
Dabei ist klar: Jedes Engagement und jede Meinungsäußerung in der Gesellschaft hat schon per definitionem auch politische Aspekte. Der NABU stellt seine anerkannte fachliche Expertise allen Parteien zur Verfügung und leitet aus seinen Erkenntnissen auch Forderungen an politische Akteur*innen ab. Es bleibt aber in deren Verantwortung, diese politischen Forderungen des NABU aufzugreifen. Warum angeblich nur eine „direkte Einflussnahme von NGOs auf die staatliche Willensbildung“ existiert und abgelehnt wird, Unternehmen und ihre Vertretungen hier aber eben nicht in mindestens gleicher, eigentlich aber dominierender Weise benannt werden, ist nur vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitisch stark neoliberal orientierten Politik von Rechtspopulist*innen erklärlich.
Von Geld und Macht: Wo Transparenz Sinn macht – und wo sie zweifelhaften Zielen dient
Wie eine Auswertung von Kleinen Anfragen von Bundestagsabgeordneten im Deutschen Bundestag zeigt, besteht vor allem in rechtspopulistischen Kreisen ein großes Interesse daran, wie sich die Zivilgesellschaft finanziert. Dieses Thema gewinnt vor allem deshalb an Bedeutung, weil Rechtspopulist*innen angekündigt haben, die Zivilgesellschaft finanziell „auszutrocknen“ oder zumindest die Zuwendungen an NGO stark zu reduzieren und damit der unrühmlichen Praxis populistischer Länder zu folgen, in denen dies bereits gängige Praxis ist. Die Anfragen sollen vorbereitend Möglichkeiten ausloten, bereits jetzt die finanzielle Handlungsfähigkeit zu schaffen. In leicht durchschaubarer Weise werden wider besseres Wissen und mit bekannten populistischen Methoden falsche Behauptungen über angebliche Abhängigkeiten von Parteien und Institutionen in die Öffentlichkeit getragen. Dazu gehört die Diffamierung von Organisationen wie dem NABU als „linksextremistische politische Vorfeldgruppierungen“, die – ohne nachvollziehbare Belege – die politische Unabhängigkeit des NABU infrage stellt.
Geld kann über eine Verzerrung der politischen Meinungsbildung Einfluss ausüben. Diese Zusammenhänge grundsätzlich zu hinterfragen ist auch für uns wünschenswert und entspricht unseren Vorstellungen, Abhängigkeiten und Interessenverflechtungen auch für Parlamentarier*innen offenzulegen. Es ist jedoch fraglich, ob dabei in erster Linie zivilgesellschaftliche Organisationen – und nicht dominante Wirtschaftsinteressen – im Fokus stehen müssen. Der NABU legt seine Finanzen in jährlichen Berichten offen. Darüber hinaus ist er der „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ beigetreten. Auch im Transparenzbericht und im Lobbyregister des Bundestages stellt er der Öffentlichkeit alle notwendigen Eckdaten zur Verfügung: Der NABU ist finanziell unabhängig von staatlichen Leistungen, die zielgerichtet vor allem für Projekte im Umwelt- und Naturschutz eingesetzt werden. Diese Mittel machen nur rund 14 Prozent der Einnahmen aus. 16 Prozent stammen aus Spenden. Den größten Teil seiner Einnahmen (40 Prozent) erzielt der NABU aus den Beiträgen seiner wachsenden Zahl von fast einer Million Mitgliedern. Wer sich also für den NABU interessiert, wird an vielen Stellen fündig – und kann mit uns stolz darauf sein, dass wir unsere Eigenmittel auch durch das zusätzliche Einwerben von Projektmitteln Dritter effektiv und zielgerichtet einsetzen.
Fehlentwicklungen unserer Demokratie korrigieren
Ja, es gibt Schwächen in einigen demokratischen Prozessen, die dringend behoben werden müssen. Insofern ist die von vielen gesellschaftlichen Akteur*innen – und nicht nur von Populist*innen – geäußerte Kritik an der gegenwärtigen Ausgestaltung der liberalen, rechtsstaatlichen Demokratie gerechtfertigt. Populist*innen bieten für diese Schwächen aber keinerlei Verbesserungen an, sondern nehmen sie zum Anlass, die Demokratie an sich zu diskreditieren. Wir hingegen sind davon überzeugt, dass eine lebendige Demokratie ihre Ziele und Methoden ständig neu aushandeln und weiterentwickeln muss. Dazu gehört es insbesondere, die Partizipationsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft an demokratischen Prozessen zu stärken und auszubauen, statt sie einzuschränken und zu schwächen.
5. Handeln konkret – was wir tun
Um Populist*innen erfolgreich zu begegnen, müssen wir uns unserer gemeinsamen Werte bewusst sein und diese auch nach außen vertreten. Darüber hinaus gilt es, das ehrenamtliche politische Engagement nachhaltig zu stärken, den fragwürdigen Umgang von Populist*innen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen immer wieder zu entlarven und den eigenen Umgang mit der Vielfalt gesellschaftlicher Gruppen respektvoll und sensibel zu gestalten.
In unserer täglichen Naturschutzarbeit ist es unerlässlich, populistischen Äußerungen und Tendenzen auch in den eigenen Reihen offen und engagiert entgegenzutreten. Darüber hinaus sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und andere gesellschaftliche Gruppen der Zivilgesellschaft in die Diskussion über den Populismus einbeziehen. Unsere Werbung für ein Engagement im Naturschutz soll alle Bevölkerungsgruppen ansprechen, nicht nur diejenigen, die sich bereits dem NABU zugehörig fühlen.
Angebote des NABU
- Positionspapier: „Position zum Umgang mit der AfD“ (März 2024),
- Hintergrundpapier „NABU und Populismus“
- „Kein Blattbreit der Rechten“ – Weiterbildungs- und Informationsangebote der NAJU und Kontakt zum verbandsinternen Kompetenznetzwerk,
- Bildungsangebote auf der Lernplattform NABU-Wissen (Stichwort „Politik und Verwaltung“).
Fazit: Es lohnt sich zu kämpfen!
Ja, die populistische Einflussnahme und die Anfeindungen insbesondere aus rechtspopulistischen Kreisen sind real. Die daraus resultierende Gefahr können und wollen wir nicht kleinreden. Aber wir wollen Mut machen: Nicht wegzusehen, sondern genau hinzuschauen, wenn Populist*innen und Rechtspopulist*innen ihre Stimme erheben!
Aus unserer Geschichte haben wir gelernt, genau dann nicht unpolitisch und werteungebunden zu sein, wenn die Demokratie in Gefahr ist, sondern mit allen demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln aufzuklären, zu motivieren und zu begeistern. Für unsere Lebensgrundlagen, die eine intakte Natur und ein stabiles Klima ebenso beinhalten wie das demokratische und friedliche Miteinander einer vielfältigen und weltoffenen Gesellschaft.

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Unsere Literaturempfehlungen:
Wer sich schnell einen guten Überblick verschaffen möchte, der sei insbesondere auf das sehr kostengünstige, thematisch breit gefächerte Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) oder den entsprechenden Landeszentralen hingewiesen.
Die folgende Literatur dürfte dabei für die hier angesprochenen Themen oder darüberhinausgehend von Interesse sein. Die Vorschläge stellen lediglich eine Auswahl aus einem sehr großen Angebot dar:
- Bronner, G. (2020): Fake News & Verschwörungstheorien. Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin.
- Crouch, C. (2022): Postdemokratie revisited. bpb
- Kraske, M. (2020): Der Riss – Wie die Radikalisierung im Osten unser Zusammenleben zerstört. Ullstein.
- Kraske, M. (2021): Tatworte – Denn AfD und Co. meinen, was sie sagen. Ullstein.
- Kumkar, N.C. (2023): Alternative Fakten. bpb.
- Lewandowski, M. (2022): Populismus – eine Einführung. Zentralen für politische Bildung. Springer VS.
- Ludwichowski, Ingo (2024): Der NABU in Zeiten des Populismus. NABU-Hintergrundpapier.
- Lübbe-Wolff G. (2023): Demophobie – Muss man die direkte Demokratie fürchten? Rote Reihe, Klostermann.
- Mau, S., Lux, T. & L. Westheuser (2023): Triggerpunkte – Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft. Edition Suhrkamp.
- Mudde, C. & CR Kaltwasser (2019): Populismus – Eine sehr kurze Einführung. bpb.
- Münkler, H. (2022): Die Zukunft der Demokratie. Zentralen für politische Bildung. Christian Brandstätter Verlag, Wien.
- NABU (2024): Position zum Umgang mit der AfD, NABU-Positionspapier.
- Prantl, H. (2017): Gebrauchsanweisung für Populisten. ECOWIN.
- Schäfer, A. & Zürn, M. (2021): Die demokratische Regression – Die politischen Ursachen des autoritären Populismus. bpb.
- Schroeder, W., Greef, S., Elsen, J.T., Heller, L. & Inkinen, S. (2022): Einfallstor für rechts? Zivilgesellschaft und Rechtspopulismus in Deutschland. Campus-Verlag; auch erhältlich über die bpb.
- Sommer et all. (2022): Rechtspopulismus vs. Klimaschutz? bpb.
- Stegemann, B. (2017): Das Gespenst des Populismus. Theater der Zeit.
- Verheyen, Roda & Alexandra Endres (2022): Wir alle haben ein Recht auf Zukunft – eine Ermutigung. dtv.
Stand: 27. Januar 2025
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