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Der NABU ist Teil des „Bündnis sozialverträgliche Mobilitätswende“
Die Mobilitätswende geht uns alle an
Mit rund 20 Prozent der jährlichen CO₂-Emissionen ist der Mobilitätssektor das Sorgenkind im deutschen Klimaschutz. Um die im Pariser Klimaabkommen festgelegten Emissionsminderungen zu erreichen, muss sich unsere Mobilität deshalb grundlegend wandeln.
Mobilität hat in unserer Welt einen hohen Stellenwert. Wir sind darauf angewiesen, dass sie bezahlbar und für alle verfügbar ist. Sei es, um zur Arbeit zu fahren, die Kinder in die Schule zu bringen, Urlaub zu machen oder in unserer Freizeit ins Theater oder Kino zu gehen. Wir alle sind deshalb von einer Mobilitätswende ganz unmittelbar betroffen. Das gilt auch für die Beschäftigten in der Mobilitätswirtschaft: Mitarbeitende im öffentlichen Verkehr werden oft schlecht bezahlt und müssen zudem Überstunden leisten – gleichzeitig haben Mitarbeitende in der Automobilbranche Angst um ihre Arbeitsplätze.
In keinem anderen Sektor sind die Interessen deshalb so vielfältig und die Wünsche und Sorgen so unterschiedlich. Die Politik agiert bisher aber zu zögerlich und setzt die längst nötigen tiefgreifenden Maßnahmen nicht mit der gebotenen Konsequenz um. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit werden im öffentlichen Diskurs oft als unvereinbar dargestellt. Folglich besteht die Annahme, dass eine Mobilitätswende Menschen aus der Gesellschaft ausschließen, Arbeitsplätze vernichten und die individuelle Freiheit einschränken würde. Doch dem ist nicht so.
Über das Bündnis
Aus diesem Grund hat der NABU das einmalige „Bündnis sozialverträgliche Mobilitätswende“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Metall (IGM), dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der Evangelischen Kirche in Deutschland, dem Sozialverband VdK, dem Sozialverband Deutschland (SovD), der Arbeiterwohlfahrt (AWO), dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat der NABU das Papier „Wie wir das Klima schützen und eine sozialverträgliche Mobilitätswende umsetzen“ erarbeitet.
Darin sind klare Handlungsempfehlungen und Zukunftsvisionen für eine ökologische und sozial gerechte Mobilitätswende enthalten. Damit wollen wir zeigen, dass Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sich nicht ausschließen, sondern sich ergänzen und in Teilen sogar bedingen.
Alle im Bündnis beteiligten Organisationen sehen aus unterschiedlichen Gründen einen dringenden Handlungsbedarf: Denn unsere Mobilität ist nicht nur maßgeblicher Treiber für den Klimawandel, sondern hat auch negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit und Lebensqualität.
Das Bündnis repräsentiert viele Millionen Menschen in Deutschland. Das zeigt, dass es bereits einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt für eine umfassende Mobilitätswende gibt – und keinen Grund, jetzt nicht schnell und entschieden zu handeln. Die gemeinsamen Forderungen sind als dringender Appell an politische Entscheidende, aber auch an Unternehmen, Organisationen und letztlich jede*n Einzelnen zu verstehen.
Unsere Vision: eine gute Mobilität für alle
Die Mobilitätswende kann nur gelingen, wenn sie für alle Menschen in diesem Land gestaltet wird. Sie muss das Bedürfnis der Menschen nach Mobilität erfüllen und gleichzeitig Akzeptanz für die aus ökologischen und sozialen Gründen notwendigen Veränderungen schaffen. Dafür hat das Bündnis vier Dimensionen identifiziert, in denen jetzt gehandelt werden muss.
Mobilität als Daseinsvorsorge
Mobilität muss als Teil der Daseinsvorsorge anerkannt werden. Dafür müssen folgende Schritte ergriffen werden:
- Ein attraktiver Umweltverbund muss im Zentrum der neuen Mobilität stehen. Dafür ist ein Ausbau der Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur im gesamten Land nötig. Der öffentliche Personennah- und Fernverkehr muss mit besseren Infrastrukturen, regelmäßigen Verbindungen und bedarfsorientierten Angeboten überall im Land verfügbar werden. Neue Mobilitätsangebote müssen sinnvoll in den Umweltverbund integriert werden.
- Alle Verkehrsanbieter müssen gesetzlich zu Barrierefreiheit verpflichtet und die Umsetzung muss staatlich überprüft werden. Bestehende Nachteilsausgleiche für Personen mit Behinderungen müssen erhalten und wo notwendig ergänzt werden.
- Eine langfristige und umfassende Finanzierung ist die Grundlage für einen attraktiven Umweltverbund. Klimaschädliche Subventionen müssen abgebaut, Steuern umgestaltet und die vorhandenen Mittel unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten neu verteilt werden.
- Damit Mobilität für alle Menschen zugänglich ist, braucht es erschwingliche Tickets auch für Geringverdienende und eine Erhöhung der Regelsätze für Mobilität in der Grundsicherung.
- Versorgung und Mobilität muss integriert geplant werden, um Wege zu verkürzen. Versorgungsinfrastrukturen müssen verstärkt dezentrale und digitale Elemente umfassen, um einfach erreichbar zu sein, ohne lange Wege auf sich nehmen zu müssen.
Mobilität trägt zu Gesundheit und Lebensqualität bei
Mobilität darf unserer Lebensqualität und Gesundheit nicht länger schaden. Dafür braucht es unter anderem Folgendes:
- Die Treibhausgasemissionen müssen mit dem Ziel der Klimaneutralität deutlich reduziert werden, um die mittel- und langfristigen Folgen des Klimawandels abzumildern.
- Schadstoff- und Lärmemissionen müssen schnell und nachhaltig reduziert werden, damit sie nicht länger der Gesundheit schaden.
- Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und der Gestaltung von lebenswerten Wohngebieten müssen ergriffen werden, um die Lebensqualität zu erhöhen. Gleichzeitig muss eine soziale Wohnungspolitik umgesetzt werden, damit eine wachsende Lebensqualität nicht zu Verdrängung von sozial Schwächeren aus den Vierteln führt.
- Um das Ziel von null Verkehrstoten („Vision Zero“) zu erreichen, muss die Sicherheit im Straßenverkehr durch bauliche und organisatorische Maßnahmen verbessert werden. Neben der objektiven Sicherheit müssen diese auch das Sicherheitsgefühl der Menschen verbessern, insbesondere für Radfahrer und Fußgänger.
Mobilitätswirtschaft sichert Beschäftigung und Wohlstand
Die Mobilitätswirtschaft trägt einen sehr großen Teil zu Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland bei. Die Mobilitätswende darf nicht zu ökonomischen oder sozialen Verwerfungen führen, der Mobilitätssektor muss auch zukünftig ein zentraler Ort von Innovation und hochqualifizierten Arbeitsplätzen in der hiesigen Volkswirtschaft sein. Dafür brauchen wir Folgendes:
- Die Transformation des Automobilsektors muss industrie- und strukturpolitisch begleitet werden. Regionale Strukturpolitik muss besonders betroffene Regionen unterstützen.
- Es braucht umfassende Weiterbildungsinitiativen und eine fortschrittliche Qualifikationspolitik, um Menschen für neue Anforderungen und neue Jobs weiterzubilden.
- Für die gesamtwirtschaftliche Transformation muss eine vorausschauende Industriepolitik rechtliche Rahmensetzungen schaffen, die klimaneutrale Mobilität und emissionsarme Zukunftstechnologien bevorzugen.
- Die Situation der Beschäftigten im öffentlichen Verkehr muss deutlich verbessert werden. Dazu gehören höhere Löhne, mehr Beschäftigte und kürzere Arbeitszeiten. Im Bereich der neuen Mobilitätsdienstleistungen dürfen nicht länger prekäre Arbeitsplätze entstehen.
- Das Leitbild „Gute Arbeit“ muss im gesamten Mobilitätssektor etabliert werden. Dazu zählt neben tariflicher Absicherung und armutsfesten Löhnen auch eine niedrigere Arbeitsbelastung und -verdichtung.
- Mit der Umstellung auf emissionsfreie Antriebe, dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie neuen Schwerpunkten auf Dienstleistungen, Daten und Mikromobilität entsteht eine neue, klimaneutrale und wertschöpfende Mobilitätswirtschaft.
Für eine Mobilitätswende brauchen wir einen Kulturwandel
Für eine Mobilitätswende ist auch ein Kulturwandel nötig, der dem Auto eine kleinere Rolle als bislang zuweist. Dafür brauchen wir Folgendes:
Transparenz und Partizipation sind ein wichtiger Teil des gemeinschaftlichen Wandels. Durch Beteiligung wird Akzeptanz für die Mobilitätswende geschaffen. Zudem trägt sie dazu bei, dass sich neue Mobilitätsangebote an den Bedürfnissen der Nutzenden orientieren.
- Die neue Mobilitätskultur muss erlebbar werden. In Reallaboren können Menschen Alternativen zum privaten Pkw im Alltag erfahren.
- Es braucht eine Kultur des Ausprobierens. Mögliche Lösungen müssen auf der Straße in temporären Anordnungen erprobt und im Erfolgsfall verstetigt werden können. Temporäre Lösungen ermöglichen es auch, dass nachgebessert werden kann.
- Sämtliche Unternehmen und Institutionen müssen Mobilitätsstrategien entwickeln und überlegen, wie ihre Kundschaft, Mitarbeitenden, Gäste zukünftig nachhaltig zu ihnen kommen.
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