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Jetzt NABU-Mitglied werden!Von der Rauchschwalbe bis zur Großtrappe
Ein Dutzend europäische Länder wählen jeweils eigene "Vögel des Jahres"
Ob Bird of the Year, Oiseau de l"année, Ave del Año, Ptaki roku (tschechisch) oder Gada putns (lettisch): Europaweit erfreut sich der "Vogel des Jahres" zunehmender Beliebtheit, ein Dutzend Länder wählten 2004 jeweils ihren eigenen, teils auch einen gemeinsamen Jahresvogel. Doch wer hat"s erfunden? Anders als bei einem bekanntem Kräuterbonbon waren es beim "Vogel des Jahres" nicht die Schweizer, sondern die Deutschen, genauer gesagt die Baden-Württemberger. Hier fand nämlich 1970 mit dem Graureiher ein regionaler Jahresvogel-Probelauf statt, bevor der NABU - damals noch "Deutscher Bund für Vogelschutz" (DBV) - dann 1971 den Wanderfalken zum ersten bundesweiten Jahresvogel kürte.
Ebenso wie die österreichischen Vogelschützer und später auch Luxemburg stieg der schweizerische BirdLife-Partner SVS allerdings schon bald mit ein und übernahm jeweils den deutschen Jahrsvogel auch für die Eidgenossenschaft. Inzwischen wählt der SVS einen eigenständigen Jahresvogel - 2004 die Rauchschwalbe -, während BirdLife Österreich weiterhin die Wahl des nördlichen Nachbarn übernimmt. In Luxemburg verfährt man fallweise: Wenn die NABU-Wahl zu den eigenen aktuellen Naturschutzkampagnen passt, wird der deutsche Jahresvogel übernommen (zuletzt beim Haubentaucher 2001), wenn nicht, wird eine abweichende Art ausgerufen.
Mit der Rauchschwalbe machen die Schweizer Vogelschützer auf einen klassischen Kulturfolger aufmerksam, dessen Lebensbedingungen sich jedoch durch den Wandel in der Landwirtschaft immer weiter verschlechtern - auch in Deutschland. Zudem ging in der Schweiz der landesweite Bestand von 100.000 bis 150.000 Paaren witterungsbedingt seit 2000 um rund 40 Prozent zurück. Rauchschwalben gelten noch heute als Glücksbringer für den Hof. Sie brüten vor allem in Ställen und Scheunen. Rauchschwalben fressen und verfüttern ausschließlich Insekten bis zur Größe einer Honigbiene. Sie jagen im Flug, meist knapp über dem Boden und nicht im freien Luftraum wie die Mehlschwalbe. Schätzungsweise 120.000 Insekten sind für die Aufzucht einer Schwalbenbrut von vier bis sechs Jungen nötig.
Außerhalb des deutschen Sprachraums hat sich der "Vogel des Jahres" vor allem im Osten zu einem ausgesprochenen Exportschlager entwickelt. Bereits kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs rief Tschechien seinen ersten "Vogel des Jahres" aus, bald darauf folgten Slowenien, die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, schließlich auch Russland und die ehemaligen Sowjetrepubliken Weißrussland, Ukraine und selbst Georgien. Angesichts der anstehenden weltweiten Weißstorchzählung - koordiniert und ausgewertet übrigens vom in Bergenhusen angesiedelten Michael-Otto-Institut im NABU - ist der Weißstorch 2004 Vogel des Jahres sowohl in den baltischen Staaten wie auch in Russland. In Estland gibt es hierzu wie schon in den Vorjahren wieder eine eigene Jahresvogel-Briefmarke.
Im Westen dagegen gibt es den Jahresvogel nach NABU-Vorbild lediglich in Spanien, während etwa in Frankreich oder in den angelsächsischen Ländern der Begriff "Vogel des Jahres" nur im Zusammenhang mit besonders seltenen Beobachtungen oder Erstbeobachtungen in einem Jahr verwendet wird.
Während die meisten Länder der NABU-Linie folgend inzwischen eher häufige und damit für das allgemeine Publikum gut erlebbare Arten küren, setzt der spanische BirdLife-Partner SEO weiter konsequent auf den Ursprungsgedanken, nämlich ein Jahr lang für ausgesprochen seltene Arten Werbung zu betreiben und für diese Artenschutzprogramme anzustoßen. So kamen in den letzten Jahren in Spanien "Spitzenarten" wie Marmelente, Balearen-Sturmtaucher oder Kamm-Blässhuhn zu Jahresvogelehren und 2003 machte die SEO mit der Trottellumme auf die verheerenden Auswirkungen der Prestige-Ölkatastrophe aufmerksam. Die ohnehin nur kleinen spanischen Trottellummen-Brutkolonien waren durch die Tankerhavarie fast komplett vernichtet worden.
2004 steht in Spanien wieder eine besonders schutzbedürftige Art im Mittelpunkt. Gewählt wurde die Großtrappe, von der in Spanien zwar noch rund 23.000 Exemplare und damit die Hälfte des Weltbestandes vorkommen, deren Bestand aber durch die Intensivierung der Landwirtschaft stark bedroht ist. Wie schon bei Ihrem Ökoreisprojekt im Ebrodelta setzt die SEO auch beim Schutz der Großtrappe auf die Umstellung von Flächen auf ökologische Produktion, um so der von der EU-Agrarpolitik vorangetriebenen Intensivierung entgegenzulenken.
Die Jahresvögel 2004 von West nach Ost:
- Spanien: Großtrappe
- Luxemburg: Teichhuhn
- Schweiz: Rauchschwalbe
- Deutschland und Österreich: Zaunkönig
- Tschechien: Mauersegler
- Weißrussland: Mehlschwalbe
- Ukraine: Haubenlerche
- Estland, Lettland und Russland: Weißstorch
- Georgien: Gänsegeier
Beitrag erstellt am 4. Mai 2004 .