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Jetzt NABU-Mitglied werden!NABU-Messungen entlarven „AIDAprima“ als Abgasschleuder
Neues AIDA-Flaggschiff bleibt entgegen aller Werbeversprechen dreckig
06. Mai 2016 - Großer Bahnhof in Hamburg für die „AIDAprima“, das neue Flaggschiff von AIDA Cruises. Das Kreuzfahrtschiff soll besonders umweltfreundlich sein, flüssiggasbetrieben und mit hochwirksamem Rußfilter. Mit viel Tschingderassabumm wird die AIDAprima morgen beim 827. Hafengeburtstag getauft, der NDR überträgt live. Doch der Behauptung von AIDA Cruises, das Schiff setze beim Emissionsschutz höchste Maßstäbe, widerspricht der NABU vehement. Entgegen aller Werbeversprechen ist die AIDAprima keinesfalls so umweltfreundlich, wie die Reederei sie seit Monaten vermarktet. Der Neubau hat weiterhin Unmengen der besonders Krebs erregenden Rußpartikel im Gepäck.
Die Reederei hatte zuletzt angekündigt, einen Partikelfilter im neuesten Flottenzugang einbauen zu wollen, um so den Großteil der giftigen Schadstoffe aus dem Abgas zu filtern. Damit wäre die „AIDAprima“ Branchenvorreiter gewesen. Doch die Messungen des NABU legen die Vermutung nahe, dass dieser angekündigte Filter gar nicht zum Einsatz kommt.
In der Abgasfahne des Schiffs konnten NABU-Experten in Altona und entlang der Elbe eine besorgniserregende Konzentration ultrafeiner Partikel messen. Bis zu 160.000 Partikel je Kubikzentimeter zeigten die Messgeräte an. Ein extrem hoher Wert, der rund 150mal über den Werten „sauberer“ Luft liegt und noch einmal um den Faktor acht über der ohnehin schon hohen Hintergrundbelastung im Hafengebiet. Dies ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die von AIDA versprochene Reduktion der gefährlichen Rußpartikel um über 90 Prozent nicht erfolgt. Dabei stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO Rußpartikel als genauso Krebs erregend ein wie Asbest.
Chronik der AIDA-Umwelt-Versprechungen
- Mai 2015: AIDA verkündet den Neubau von Kreuzfahrtschiffen, die ausschließlich mit Flüssiggas betrieben werden.
- 29. August 2013: AIDA kündigt auf einer Pressekonferenz an, die gesamte AIDA-Schiffsflotte bis 2016 mit dem dreistufigen Abgassystem auszustatten. Dies soll „erstmals alle drei Emissionen – Rußpartikel, Stickoxide und Schwefeloxide – filtern und somit zwischen 90 und 99 Prozent reduzieren“. Darüber hinaus soll eine LNG-Barge ab 2014 die Energieversorgung der AIDA-Schiffe im Hamburger Hafen bereitstellen: „Der Ausstoß von Schwefeloxiden und Rußpartikeln wird gänzlich vermieden. Die Emission von Stickoxiden verringert sich um bis zu 80 Prozent, der Ausstoß von Kohlendioxid um weitere 30 Prozent.“ Weitere Informationen
- 7. März 2012: Der damalige AIDA-Präsident und heutige CEO des Mutterkonzerns Costa Crociere Michael Thamm kündigt in einer Video-Botschaft an: „Neue AIDA-Schiffe aus Japan fahren mit Dieselöl. Genauso wichtig: Schweröl ist für die neuen Schiffe kein Thema mehr – sie machen die AIDA-Flotte künftig noch sauberer.“ Weitere Informationen
AIDAs Umweltstrategie existiert bisher nur auf dem Papier. Die hohen Abgaswerte der „AIDAprima“ reihen sich nahtlos ein in eine ganze Serie nicht gehaltener Versprechungen: vom Verzicht auf Schweröl über die kaum genutzte Flüssiggas-Powerbarge bis hin zu den angeblich auf allen Schiffen installierten Filter. Der Öffentlichkeit wird mit markigen Werbebotschaften eine Scheinwelt präsentiert. In Wirklichkeit müssen Passagiere und Hafenanwohner weiterhin giftige Rußpartikel einatmen.
Bereits im Jahr 2013 hatte AIDA angekündigt, die gesamte Flotte mit Partikelfiltern und Stickoxidkatalysatoren ausrüsten zu wollen, wie sie für Pkw und Lkw seit Jahren vorgeschrieben sind. Dieses öffentliche Statement des deutschen Branchenführers wurde von Umweltverbänden wie dem NABU als wichtiges und überfälliges Zeichen gewertet, die niedrigen Umweltstandards auf See durch freiwillige Maßnahmen anzuheben. AIDA muss den vollmundigen Versprechungen endlich Taten folgen lassen. Das umweltfreundliche Schiff ist heute schon machbar. Es wird Zeit, dass AIDA es zeigt.
Nachtrag:
Das Kreuzfahrtunternehmen hat die Messungen des NABU als „reine Stimmungsmache“ und „nicht wissenschaftlich fundiert“ zurückgewiesen. Gleichzeitig gestand AIDA-Umweltdirektorin Monika Griefahn aber ein, dass die „Abgasnachbehandlung“ noch gar nicht arbeitet, da die Zulassung fehlt.
Das mehrstufige System zur Abgasnachbehandlung befindet sich in der Erprobung, es stehen die gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen aus.
Aus dem Statement von Dr. Monika Griefahn, Umweltdirektorin von AIDA Cruises
Schon 2013 hatte AIDA verkündet, das Abgassystem in alle bestehenden Schiffe nachzurüsten. Das Unternehmen hatte demnach drei Jahre Zeit nachzuweisen – auch gegenüber den Behörden –, dass die Technik funktioniert. Bisher fehlen jedoch jegliche Beweise. Nicht nur die fehlende Zulassung der Behörden, auch die Tatsache, dass AIDA bis heute keine eigenen Messprotokolle des Abgassystems vorgelegt hat, lassen Zweifel aufkommen, dass die Abgasfilter tatsächlich die versprochene Verringerung der Luftbelastung erreicht. Die NABU-Messungen, die unter der Begleitung führender Luftftreinhaltungsexperten durchgeführt wurden, verdeutlichen: Hinter der Umweltstrategie von AIDA verbirgt sich vor allem heiße Luft.
Die AIDAprima wurde von der Mitsubishi-Werft im japanischen Nagasaki gebaut. Am 14. März startete sie von Japan aus zur Überführungsfahrt nach Hamburg, wo sie am 21. April ankam. Inzwischen hat das Schiff bereits eine Kurzreise nach Southampton und eine auf der „Metropolenroute“ von Hamburg nach Amsterdam, Brüssel, Paris und London hinter sich. Offensichtlich immer rußfilterfrei.
- Komplettes Statement Monika Griefahns vom 6. Mai
- Spiegel online: „Kreuzfahrtschiff ‚Aida Prima‘ – Sauber daneben“
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