NABU-Schutzgebiet Federsee - Foto: Frank Derer
125 Jahre NABU
Eine Erfolgsgeschichte für den Naturschutz
Eine Frau engagiert sich für den Naturschutz – Die Gründung des NABU
Die Geschichte des NABU ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Sie beginnt mit der Gründung des „Bund für Vogelschutz (BfV)“ am 1. Februar 1899 durch Lina Hähnle. Nicht nur, dass hier eine Frau Gründerin und Vorstand ist, auch das Verständnis für die Zusammenhänge der Natur, das die Grundlage des neuen Vereins bildet, sind zu jener Zeit nicht eben alltäglich. Lina Hähnles Erfolgsrezept sieht unter anderem einen besonders niedrigen Jahresbeitrag für Erwachsene und Kinder vor und sorgt dafür, dass der BfV bereits am Ende des Gründungsjahrs 3.500 Mitglieder verzeichnen kann. Das erste betreute Schutzgebiet ist die Vogelinsel bei Giengen an der Brenz.
Im Jahr 1899 übernahm Lina Hähnle mutig den Vorsitz des neuen Bundes für Vogelschutz – zu der Zeit noch äußerst ungewöhnlich für eine Frau. Sie führte den Verein dann 38 Jahre lang und prägte ihn mit ihrer zupackenden Natur. Mehr →
Gegen Vogelfang und Federhüte – Die ersten erfolgreichen Kampagnen
Den ersten großen Kampagnenerfolg erringt der BfV 1908 mit der Verschärfung des Reichs-Vogelschutzgesetzes, das nun endlich auch den bis dahin in Deutschland noch üblichen Krammetsvogelfang, also den Fang vor allem von Wacholderdrosseln, verbietet. Die Strategie fußt nicht nur auf untertänigen Eingaben, sondern auch auf Presse- und Lobbyarbeit. Lina Hähnle hält vor allem „zielbewusstes und unermüdliches Bearbeiten der Reichstagsabgeordneten“ für besonders ausschlaggebend. Auch die anschließende Kampagne wird in gleicher Weise umgesetzt. Der Kampf zur Rettung der Silberreiher und Paradiesvögel, die wegen ihrer prächtigen Federn bejagt werden und als Schmuck für Damenhüte Verwendung finden, endet 1914 mit einem Abschussverbot und einem Vogelschutzgesetz in den betroffenen Gebieten.
Eine der ersten internationalen Kampagnen unter Einschluss Großbritanniens und der USA zielte um 1910 auf die Rettung der Silberreiher und Paradiesvögel, die wegen ihrer prächtigen Federn bejagt wurden, welche sich dann auf Damenhüten wiederfanden. Mehr →
Kaufen, um zu schützen – Das Federseemoor
1911 erwirbt Lina Hähnle die erste Naturschutzfläche am Federsee. Auf den 16 Hektar großen Riedflächen im heutigen Banngebiet Staudacher nördlich von Bad Buchau unterbleibt von hier an jedwede Nutzung. Inzwischen hat sich dort ein vielfältiger Moorurwald entwickelt. 1987 gründet der NABU dort ein Naturschutzzentrum. Das Zentrum ist vom Land mit der Betreuung des Gebietes beauftragt und bietet über den Sommer 400 Exkursionen, Projekte und Vorträge an. Seit Jahrzehnten arbeiten hier der staatliche Naturschutz und der NABU eng zusammen, um der entwässerungsbedingten Austrocknung der Feuchtwiesen entgegen zu wirken. Zwischen 1997 und 2002 werden in einem von der EU geförderten Renaturierungsprojekt große Flächen gekauft und über 250 Hektar wiedervernässt.
NABU-Naturschutzgebiet Federsee
Aktion mit Tradition – Der Vogel des Jahres
1971 erblickt eine der erfolgreichsten und ältesten Aktionen des NABU das Licht der Welt. Gemeinsam mit dem LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) wird der „Vogel des Jahres“ gekürt. inzwischen stimmt ganz Deutschland in einer öffentlichen Wahl über den Jahresvogel ab. Hauptziel ist seinerzeit die Unterschutzstellung aller Greifvogelarten, und so ist der erste gefiederte Gewinner folgerichtig der Wanderfalke. Zuvor wurde 1970 in einem Probelauf der Graureiher als Beitrag zum Europäischen Naturschutzjahr regional in Baden-Württemberg zum Jahresvogel erklärt. Beide Arten dürfen heute als gerettet gelten. Die Aktion hat vom Baum bis zum Höhlentier des Jahres zahlreiche Nachahmer gefunden. Vogel des Jahres 2022 ist der Wiedehopf.
Seit 1971 küren NABU und LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern) den Vogel des Jahres, inzwischen stimmt ganz Deutschland in einer öffentlichen Wahl über den Jahresvogel ab. Die Wahl zum Vogel des Jahres 2025 hat der Hausrotschwanz gewonnen. Mehr →
1989 – Eine Wende für den Naturschutz
Der Fall der Mauer führt auch die Naturschützer*innen im Westen und Osten zusammen und zu einem regen Austausch. Bereits am 12. September 1990 kann das DDR-Nationalparkprogramm verabschiedet werden. Erreicht haben das die Naturschützer*innen um Michael Succow in den Wendemonaten. Innerhalb eines Jahres werden 5.000 Quadratkilometer unter Schutz gestellt. Im November 1990 schließt sich der frisch gegründete „Naturschutzbund der DDR“ mit dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) zusammen, der sich zuvor in „Naturschutzbund Deutschland (NABU)“ umbenannt hatte.
Im November 1990 schloss sich der frisch gegründete Naturschutzbund der DDR mit dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) zusammen. 25 Jahre später machten wir uns auf den Weg, um Zeitzeugen zu treffen und ihre Erlebnisse in Interviews zu dokumentieren. Es entstanden mehr als 30 Stunden Film- und Tonmaterial. Mehr →
Natur bewahren – Die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe
1998 agiert die NABU-Stiftung zunächst noch als unselbstständige Treuhandstiftung. 2002 wird sie jedoch vom NABU-Bundesverband umorganisiert und als rechtlich selbstständige Stiftung neu gegründet. Mit der Schenkung eines kleinen Wiesengrundstückes im Westhavelland beginnt der Flächenbesitz im Jahr 2001. Heute befinden sich rund 11.000 Hektar Naturschutzgebiet in ihrem Besitz. Die NABU-Stiftung kauft Flächen, damit sie in ihrer natürlichen Form erhalten bleiben und geschützt werden können und ist damit einer der aktivsten privaten Akteure zur Bewahrung dieses „Nationalen Naturerbes“. Unter ihrem Dach versammeln sich viele hoch engagierte Menschen, die in der Sicherung von Naturschutzflächen durch Kauf eine langfristigere Perspektive sehen. So wie es schon Lina Hähnle vor über 100 Jahren getan hat.
Als NABU-Stiftung Nationales Naturerbe sind wir heute bundesweit in über 390 Schutzgebieten aktiv. Darunter sind viele Naturkleinode, aber auch große Schutzgebiete wie die Westerwälder Seenplatte, das Naturparadies Grünhaus oder der Anklamer Stadtbruch. Mehr →
Big Four: Erfolgsstorys Seeadler, Wanderfalke, Kranich und Weißstorch
Beispielhaft für engagierten Artenschutz durch den NABU sind besonders vier Vogelarten, deren Bestände sich im Laufe der Zeit deutlich erhöht haben. In den 1960er Jahren gab es in Deutschland nur noch 60 Seeadler-Paare, heute sind es schätzungsweise mehr als 700. Zur Erholung haben vor allen Dingen das Verbot des Insektizids DDT und die Unterschutzstellung beigetragen. Auch der Vogel des Jahres 1971, der Wanderfalke, war durch den Einsatz von DDT in der Land- und Forstwirtschaft so gut wie ausgestorben. Heute brüten bundesweit wieder mehr als 600 Paare. Auch der Bestand des Kranichs, Vogel des Jahres 1978, erlebt in diesem Jahrzehnt seinen Tiefpunkt. Nur noch 800 Brutpaare gab es seinerzeit in Deutschland – heute sind es fast 11.000. Der Weißstorch schafft es 1988 nur noch auf 2.949 Brutpaare deutschlandweit. Gewählt zum Vogel des Jahres 1984 und 1994, nisteten 2017 insgesamt wieder 6.756 Paare in Deutschland.
Erfolgsgeschichte der Big Four
Raus aus der Kohle: Naturparadies Grünhaus
Zu einem der zahlreichen Erfolge der NABU-Stiftung gehört das rund 20 Quadratkilometer umfassende Naturparadies Grünhaus. Nach der Wende zeichnen sich einmalige Chancen, aber auch neue Risiken für die Natur ab: Was soll mit den riesigen Bergbaufolgelandschaften Ostdeutschlands geschehen? Welche Möglichkeiten gibt es, den Ausverkauf des ehemaligen volkseigenen Vermögens der DDR in den Naturschutzgebieten Ostdeutschlands zu stoppen? Der NABU und die noch junge NABU-Stiftung widmen sich diesen Fragen intensiv. Mit großer Unterstützung privater Spender*innen erwirbt die NABU-Stiftung zwischen 2003 und 2006 weite Tagebauflächen in der Niederlausitz, die fortan unter Naturschutz stehen.
Mit dem fast 2.000 Hektar großen Naturparadies Grünhaus ermöglichen wir in der Niederlausitz eine einzigartige Wildnisentwicklung im Zeitraffer. Über 3.000 Arten bietet das ehemalige Tagebaugebiet bereits eine Heimat, darunter Wiedehopf, Wolf und Kreuzkröte. Mehr →
Mehr Raum für Flüsse und Bäche – Der Kampf um die Renaturierung
Nicht erst seit der Hochwasserkatastrophe von 2002 setzt sich der NABU für den Schutz von Gewässern ein. Der Kampf um die Renaturierung der Unteren Havel beginnt beispielsweise bereits im Jahr 1990 mit der Sicherung des entsprechenden Abschnitts als Naturschutzgebiet. Nach intensiver Arbeit beginnt 2009 endlich die Umsetzungsphase, die voraussichtlich 2025 abgeschlossen sein wird.
Ein weiterer Erfolg gelingt im Jahr 2014. Im Koalitionsvertrag wird das Bundesprogramm „Blaues Band“ zur Renaturierung von Fließgewässern und Auen festgeschrieben und 2017 aufgelegt. Ziel des Programmes ist es, die ökologische Entwicklung von Flüssen und ihren Auen in Deutschland zu unterstützen. Ein Biotopverbund soll dafür sorgen, dass ein wichtiger Beitrag zu den europarechtlichen Umweltzielen geleistet werden kann. Auch das 2022 gestartete Projekt „AllerVielfalt Verden“ trägt zum Erhalt einer wichtigen Flusslandschaft in Deutschland bei. Das vom NABU initiierte Vorhaben soll bis 2031 an der Allerniederung auf einem Projektgebiet von 2.350 Hektar naturnahe Strukturen schaffen. Flutrinnen, Kleingewässer und Altarme wie die „Alte Aller“ sollen wiederangebunden und Deiche rückverlegt werden.
Renaturierungsprojekte des NABU
Wiedersehen auf vier Pfoten – Willkommen Wolf
Mit dem Millennium kehrt auch ein alter Bekannter nach Deutschland zurück. Der Wolf erschließt vor allem im Osten der Republik immer mehr Lebensräume. Doch die Rückkehr des Canis lupus erzeugt durchaus Skepsis, Verunsicherung und vor allem viele Fragen. Sind Wölfe für den Menschen gefährlich, wovon leben sie und wie ernähren sie sich? Wie kann ein konfliktarmes Zusammenleben gelingen? Der NABU setzt auf Aufklärung und reagiert mit seinem Aktionsplan „Willkommen Wolf", der das konfliktarme Miteinander von Mensch und Wolf unterstützen will. Mittlerweile leben 157 Wolfsrudel, 27 Paare und 19 territoriale Einzeltiere in Deutschlands freier Natur.
Mehr Akzeptanz für den Wolf: Der NABU möchte der Vorurteile, Sorgen und Ängste in der Bevölkerung abbauen. Mehr →
Über alle Grenzen hinaus: NABU-Einsätze für Zugvögel und den Schneeleoparden
Wirkungsvoller Naturschutz macht nicht vor Ländergrenzen halt. Diese Erkenntnis hat der NABU längst in konkrete Aktionen umgesetzt, wie zum Beispiel mit dem Einsatz für sichere Zugwege im Mittelmeerraum. Unter anderem setzt sich der NABU politisch dafür ein, dass Zugvögel nicht legal gejagt werden dürfen. Jeweils im Frühling und im Herbst werden Camps zum Schutz von Zugvögeln gegen illegalen Abschuss oder Fang an Brennpunkten im Mittelmeerraum organisiert. Ein weiterer internationaler Erfolg ist das 1999 gestartete Projekt, das die letzten Schneeleoparden in Kirgistan schützen soll. Die NABU-Wildhütertruppe hat bis heute beinahe 100 Wilderer und illegale Händler*innen festgenommen sowie rund 500 Fallen und Waffen beschlagnahmt. Zudem wurde ein 44.000 Quadratkilometer großes Biosphärenreservat geschaffen. Hier wird der Lebensraum für den Schneeleoparden und andere bedrohte Arten unter Mitwirkung der einheimischen Bevölkerung langfristig gesichert.
Die Hauptbedrohungen des Schneeleoparden sind der Lebensraumverlust, Mensch-Wildtier-Konflikte und die Wilderei auf sein schönes Fell und seine Knochen. Der NABU setzt sich mit Umweltbildung für den Schutz des Schneeleoparden ein. Mehr →
Über alle Grenzen hinweg: Moorschutz und Biosphärenreservate
International macht der NABU sich unter anderem für den Erhalt von Mooren in Russland und Osteuropa stark. Die NABU International Naturschutzstiftung unterstützt die Wiedervernässung von Moorflächen und hat gemeinsam mit der Manfred-Hermsen-Stiftung den Bau von insgesamt 18 Dämmen finanziert. Auf diese Weise konnten bereits große Wald- und Seeufergebiete wiedervernässt werden, die Brutgebiete für Kraniche, Schelladler und Lasurmeisen sind. Ein Monitoring zeigt, dass diese Maßnahmen Wirkung zeigen und viele seltene Vogelarten zurückkehren.
Ein weiteres wichtiges internationales Erfolgsprojekt ist „AfriBiRds“, das in Kooperation mit BirdLife umgesetzt wird. Von 2016 bis 2019 lieferte die dokumentierte Vogelbeobachtung und das konsistente Vogelmonitoringsystem wichtige Daten, die für den weiteren Schutz von Zugvögeln benötigt werden.
In Kooperation mit BirdLife hat der NABU das AfriBiRds-Projekt ins Leben gerufen. Afrikanische Biosphärenreservate sollen dabei untersützt werden, ein effektives Vogelmonitoringsystem zu etablieren und das Bewusstsein für den Vogelschutz zu stärken. Mehr →
Aus der Mitte der Gesellschaft – Der Einsatz von Ehrenamtlichen und weiteren Unterstützer*innen
Nicht zuletzt dem unermüdlichen Einsatz von mittlerweile rund 40.000 ehrenamtlich Aktiven, aber auch Menschen, die einmalig an sinnvollen Mitmach-Aktionen teilhaben möchten, ist der Erfolg des NABU zu verdanken. Erstmalig 2005 findet die beliebte „Stunde der Gartenvögel“ statt. Seither werden jedes Jahr am zweiten Maiwochenende alle Naturliebhaber*innen aufgerufen, Vögel zu notieren und zu melden. 2023 haben fast 60.000 Menschen an der 18. „Stunde der Gartenvögel“ teilgenommen. Aus über 40.000 Gärten und Parks wurden dem NABU und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) über 1,3 Millionen Vögel gemeldet. 2011 startet die bundesweite „Stunde der Wintervögel“ als weitere Citizen-Science-Aktion, bei der im Januar 2024 rund 130.000 Menschen insgesamt 3,1 Millionen Vögel zählten.
Vögel in der Nähe beobachten, an einer bundesweiten Aktion teilnehmen und dabei tolle Preise gewinnen – all das vereint die „Stunde der Gartenvögel“. Jedes Jahr am zweiten Maiwochenende sind alle Naturfreund*innen aufgerufen, Vögel zu notieren und dem NABU zu melden. Mehr →
Mit Wissen, Verstand und Herz für die Natur – Der NABU heute
125 Jahre NABU – viel hat sich seit der Gründung getan. Heute kämpfen insgesamt 940.000 Mitglieder und Fördernde in Deutschland für den Schutz und Erhalt unserer Lebensräume. In 2.000 lokalen NABU-Gruppen kümmern sich die Ehrenamtlichen um den praktischen Arten- und Biotopschutz vor Ort, mischen sich ein und sind mit ihrer Expertise gefragte Ratgeber*innen. Der NABU setzt sich nach wie vor für eine Vielzahl von Aktionen und Projekten ein. Gemeinsam mit den Organisationen BUND, Campact, Deutsche Umwelthilfe, Bürgerbewegung Finanzwende, Greenpeace, IPPNW, Umweltinstitut und uranium network unterstützt er zum Beispiel den „Appell zur EU-Taxonomie: Nein zu Atom und Gas“. Aber auch die Themen Flächenversiegelung, intelligente Stadtentwicklung, Luftverschmutzung und Biodiversität rufen den NABU auf den Plan, der sich mit Wissen, Verstand und Herz für eine zukunftssichere Natur und Umwelt einsetzt.
mehr zur geschichte des nabu
Von der Gründung bis heute: Wann wurden die ersten Schutzgebiete gekauft, wann der erste Landesverband gegründet? Lesen Sie hier die Geschichte des NABU in Kürze. Mehr →
Artenschwund, Luftverschmutzung, Zersiedlung der Landschaft, das Verschwinden von Hecken und die Trockenlegung von Feuchtgebieten sind keine exklusiven Erscheinungen unserer Zeit. Schon vor mehr als hundert Jahren schreckten diese unübersehbaren Umweltauswirkungen die Menschen auf. Mehr →
Vor 125 Jahren, am 1. Februar 1899, gründete Lina Hähnle den Bund für Vogelschutz. Sie führte den heutigen NABU fast 40 Jahre über durch das autoritäre Kaiserreich, die Weimarer Demokratie und bis 1938 die NS-Diktatur. Mehr →