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NABU
historisch: Verbandsarbeit in der sowjetischen Besatzungszone 1946
Schreiben von Erich
Ficker, Geschäftsstelle für die sowjetische Besatzungszone,
Plaue, Kreis Flöha, Waldsiedlung 7, vom 10.12.46
(Rechtschreibung und Zeichensetzung wie im Original, offensichtliche Tippfehler
wurden korrigiert)
An die Leitung des Bundes in Giengen.
Sehr geehrter Herr
Hähnle!
Ich bestätige dankend den Eingang Ihrer Zeilen vom 6.11.1946, die
diesmal besonders lange unterwegs waren. Ich kann Ihnen immer wieder berichten,
dass die schöne Arbeit für den B.f.V. abgesehen von kleinen
Aergerlichkeiten unentwegt weiter voranschreitet. Herr Kalisch setzt sich
tagtäglich für die Belange des Bundes ein, und es ist ihm so
mancher Fortschritt zu danken. Auch die Kassenverhältnisse haben
sich etwas gebessert, und die Pacht an das Kloster vom Heiligen Geist
in Stralsund und sonstige Grundsteuern für das bundeseigene Gelände
auf Hiddensee werden gezahlt. Die Zuwendungen an Frau Berndt in Steckby
haben keine Unterbrechung erfahren. Miete für Steckby wird ebenfalls
abgeführt. Herr Dr. Mansfeld schreibt, dass er Gelder gesammelt habe.
Die grosse Gruppe Leipzig stellt Abrechnung in Aussicht, sodass also die
rückständigen Verpflichtungen teilweise erledigt werden können.
Darüber hinaus sind, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, mit den
amtlichen Stellen in Stralsund weitere Pachtverträge in Aussicht
zu angemessenen Beträgen. Z.B. die neue Pacht von der Vitter Grenze
bis zum schwarzen Peter (200 ha) für RM 75 für das Jahr. Dadurch
entsteht ein zusammenhängendes Gebiet vom Südzipfel der Insel
bis Vitte, und die Gewähr ist gegeben, dass eine übersichtliche
Betreuung möglich ist. Herr Derpsch in Altenburg hat sich bereit
erklärt, Aufnahmen für den Bund zu machen, da es an Propagandamaterial
in jeder Hinsicht mangelt. Mit vielen Stellen stehen wir in Verbindung
u. erwarten täglich die generelle Genehmigung. Die Landesverwaltung
und andere zuständige Behörden unterstützen uns. Die Besatzungsmacht
duldet teilweise die Arbeit. Mit grossem Interesse habe ich von Ihrer
Mitteilung gehört, dass bei Ihnen die Nistkästenherstellung
voranschreitet. Holz ist mir wohl zugeteilt, es fehlt lediglich an Nägeln
und Beschlägen. Wir versuchen jetzt die Verwendung von Holznägeln.
Desgleichen beabsichtige ich in dem neuen Kreismuseum auf der Augustusburg
einen Raum für den Vogelschutz sicher zu stellen und dazu eine ornithologische
Sammlung zusammen zu tragen.
Sehr verarmt sind wir an Büchern naturwissenschaftlichen Inhalts,
da meine Bestände durch Prämienverteilung stark gelichtet sind.
Es wäre sehr schön, wenn bald mal wieder ein Austausch von Zone
zu Zone stattfinden könnte. Den Bericht von Herrn Kalisch über
den Landesbund Sachsen-Anhalt haben Sie inzwischen erhalten. Es wäre
noch dazu zu bemerken, dass die Verantwortung für die Arbeiten in
Steckby nach wie vor Herr Herberg trägt, der Ihnen speziell verantwortlich
ist, mich aber auch auf dem Laufenden hält. Ferner ist eine Vereinbarung
mit Frl. Wolf, sie brauche keine Zahlung zu leisten, nicht erfolgt. Ueber
die Kassenverhältnisse des dortigen Landesbundes bin ich gar nicht
informiert, und doch wäre es wünschenswert, wenn dieser immerhin
grosse Landesbund in geldlicher Hinsicht auch einmal etwas tun könnte.
Denn gerade in Steckby sind durch die Kriegswirren eine grosse Anzahl
Geräte etc anzuschaffen.
Nun möchte ich Ihnen erst einmal von Herzen danken für das überaus
grosse Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen. Es ehrt mich sehr, daß
Sie mich in den Beirat des Bundes gewählt haben. Ich nehme diese
Wahl an und darf sie auch nach den gesetzlichen Bestimmungen annehmen.
Es ist für mich nach wie vor eine Selbstverständlichkeit, alle
Kraft für unsere schöne und gemeinsame Arbeit einzusetzen trotz
aller anderen Posten, die ich sonst noch habe. Ihnen persönlich,
den dortigen Mitarbeitern und der fortschreitenden Arbeit alles Gute.
Es liegt mir nun viel daran, dass meine Unterlagen in Ordnung gehen. Es
sind noch 2 Abrechnungen offen, vom 26.5.43 über RM 77,05 gelieferte
Bücher zur Anlegung einer Bücherei für die Kreisgruppe
und vom 3.11.44 über gelieferte Futterhäuschen RM 44,45. Ich
wäre Ihnen verbunden, wenn Sie diese beiden Noten stornieren wollten.
Die Bücher sind zum Teil von mir an wirklich verdiente Mitarbeiter
als Prämien vergeben worden, z.B. an Dr. Spitzbardt in Wiederau,
Dr. Schumann in Zschopau, die beide über 30 Jahre dem Bundes die
Treue gehalten haben und wiederum an andere Freunde, die sich ausserordentlich
eingesetzt haben. Es wäre wünschenswert, wenn wir auch Herrn
Trenkler in Zittau einmal eine kleine Freude bereiten könnten. Ich
selbst bin hinterher, dass wir wieder Bücher aus verlagerten Beständen
kaufen können, bezw. ergänzen können. Die andere Nota ist
bei mir als Einnahme verbucht und die Gelder für Bundeszwecke verwendet
worden. Bitte erklären Sie mir Ihr Einverständnis. Eine Bitte
habe ich noch auf dem Herzen. Besteht die Möglichkeit, dass Sie mir
könnten 2-3 Farbbänder 13 mm besorgen. Ich hatte 2 Stück
auffrischen lassen, aber die sind bei der Post verloren gegangen. Verschiedentlich
taucht der Name Wolter auf, den Frau Kommerzienrat seinerzeit von Hiddensee
mit nach Giengen nahm. Ist dieser Herr noch für den Bund photographisch
tätig?
In Burgstädt in Sachsen ist ein neuer Stützpunkt im Entstehen,
dessen Leiter ein Herr Paul Bauch sein wird.
Die Miete für Steckby beträgt für das III. Quartal 1946
RM 137,50.
Eins interessiert uns noch. In der amerikanischen und französischen
Zone sind die Arbeiten des Bundes genehmigt. Wir in der russischen stehen
dicht davor. Wie sind nun die Angelegenheiten des Bundes in der englischen
Zone geregelt?
Bitte geben Sie uns bald auf alle Fragen und Wünsche Antwort. Zum
Schluß nochmals viele Grüsse und ein frohes Weihnachtsfest.
Ihr
gez. Erich Ficker
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